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Zum Glück seiner Fans hat sich der gelernte Schreiner, Technische Zeichner und Innenarchitekt für das Schauspiel entschieden und begeistert mit seinen zum Teil überzeichneten Charakteren in tragischen, aber auch komödiantischen Rollen.
Er ist einer der meistbeschäftigten Schauspieler unseres Landes, die Liste seiner Filme ist lang. Spätestens seit er den kauzigen Polizeiobermeisters Girwidz in der Serie „Hubert ohne Staller“ spielt, kennt ihn quasi jedes Kind. Bereits in den 90er-Jahren brachte er uns als Hajo Wüpper in der Serie „Die Camper“ zum Lachen. Klar, dass wir unbedingt mit ihm übers Campen talken wollten. Natürlich haben wir auch Fragen zu seinem sozialen Engagement, zum Thema Klimaschutz und zu seiner Arbeit gestellt.
CWH: Herr Brandner, waren Sie erstaunt, dass Sie von einem Fachmagazin für die Campingwirtschaft um ein Interview gebeten wurden?
MB: Eigentlich nicht. Ich habe ja zusammen mit dem Schauspieler Heinrich Schafmeister eine sehr berühmte Campingserie gedreht, „Die Camper“. Nach einer Staffel war aber Schluss für uns. Das ist jetzt mehr als 20 Jahre her – diese erste Staffel ist aber inzwischen so oft gedoubelt worden, dass es immer wieder Bestrebungen gab, eine Fortsetzung zu drehen. Deshalb war ich auch gar nicht erstaunt, als Sie mich angefragt haben.
CWH: Wie stehen Sie denn zum Campen?
MB: Während der Außenaufnahmen beim Dreh zu „Hubert ohne Staller“ bin ich quasi Tagescamper. Da halte ich mich während der Drehpausen immer in einem Campingmobil auf, habe dort sogar eine kompletteingerichtete Küche, in der ich mich selber bekochen kann. Das ist für mich dann gewissermaßen mein Tageszuhause.
CWH: Käme diese Urlaubsform auch für Sie privat in Frage?
MB: Wir haben auf Grund der Tatsache, dass wir drei Kinder haben, dann doch hin und wieder den Campingurlaub gewählt, soll aber nicht heißen, dass wir dauernd in Zelten geschlafen haben. Jetzt, da alle Kinder aus dem Haus sind, hatten meine Frau und ich schon mal kurz den Gedanken, ob so ein Wohnmobil für uns in Frage käme, aber bisher war das eher nur in die Tüte gedacht. Im Moment haben wir ohnehin keine Reisepläne. Aber sicher würde ich heute das Glampen dem Campen vorziehen (lacht).
CHW: Waren Sie denn im letzten Sommer unterwegs?
MB: Nein, wir haben Urlaub im Umland gemacht. Unser Hauptmotiv liegt in der Gegend rund um den Starnberger See und im Pfaffenwinkel. Eine traumhafte Landschaft, in der ich dann auch wunderschöne Stunden mit meiner Gattin verbringen konnte.
CWH: Noch mal ein kurzer Schlenker zu „Die Camper“ – eine Serie, die ab 1997 bei RTL lief. Wie war das damals? Die Charaktere waren ja schon etwas überzogen. Da frage ich mich, wie nachvollziehbar war das Verhalten der Camper für Sie und wie schwer war es, diese Rolle anzulegen?
MB: Beide Autoren dieser Serie waren jahrelang mit ihren Eltern auf Campingplätzen und haben aus der eigenen Erfahrung und Perspektive heraus geschrieben. Wir haben mit dieser Vorlage dann natürlich auch etwas gewuchert, etwas übertrieben. Aber ich kannte diese Charaktere aus meiner Kindheit und Jugend. Ich komme aus der Schrebergartenkultur – mein Vater hatte einen. So kenne ich natürlich diese Kleinterritorien, das war Kleingarten an Kleingarten, vergleichbar mit Wohnwagen an Wohnwagen. Da musste man miteinander klarkommen. Ich kannte also bereits viele dieser Kommunikationsgeschichten, welche Empfindlichkeiten aufeinanderstoßen können und wie die Leute darauf reagieren. Sicher, die Rollen mögen ein wenig überzogen gewesen sein, aber im Kern der Sache war es genau so. Den Charakter, den ich gespielt habe, kannte ich in verschiedener Ausprägung, hatte vieles schon selbst erlebt. Es war also keine reine Kunstfigur.
CWH: Eine kurze Frage zum Schrebergarten. Wie weit hat Sie dieses Leben von damals bis heute geprägt?
MB: Sagen wir mal so, die Grundausstattung, die einem dieses parzielle Leben in der Natur verpasst, verliert man nicht mehr. Auch den Umgang mit Tieren. Wir hatten Karnickel, Hühner und ab und zu auch ein Schwein oder einen Hammel. Ich habe daher auch ein klares Verständnis für die Landwirtschaft und die Natur.
CWH: Die Campingbranche ist in Sachen Klimaschutz in der Tourismusbranche ein Vorreiter. Wie wichtig ist Ihnen persönlich dieses Thema?
MB: Sehr wichtig. Allein schon der Kinder wegen ging das gar nicht anders. Meine Kinder waren auf der Waldorfschule – da gab es ganz klare Ansprüche. Dort wird sehr auf einen achtsamen und bewussten Umgang mit der Natur gesetzt. Es ist doch die Zukunft unserer Kinder, da hat man den Aufgaben einfach zu folgen. Wir haben inzwischen auch zwei Enkelkinder. So bleiben wir natürlich weiter am Ball und wägen ab, was man tun kann und was eben nicht.
Foto: Entertainment Factory
Michael Brandner während der Dreharbeiten zu „Hubert ohne Staller“ vor seinem Tageszuhause, einem Wohnmobil.
CHW: Sie engagieren sich auch sozial und haben im März 2020 sogar das Bundesverdienstkreuz erhalten. Wofür wurden Sie ausgezeichnet?
MB: Diese Ehrung habe ich für mein Engagement für die Schauspieler*innen und für die Kunst erhalten. 2006 habe ich den Bundesverband Schauspiel (BFFS) gegründet, innerhalb dessen es auch verstärkt um Frauen in der Medienwelt geht. Meine Idee war es, ein zentrales Organ zu schaffen, eine unabhängige und überbetriebliche Anlauf- und Vertrauensstelle gegen sexuelle Belästigung und Gewalt in der Film-, Fernseh- und Theaterbranche. Vor über zwei Jahren wurde zusammen mit dem Bundesministerium für das Innere und dem Kultusministerium in Berlin „Themis“ gegründet, eine Organisation, die sich als fachkundige Mittlerin
zwischen belästigter Person und Arbeitgeber:in versteht.
CWH: Die MeToo-Bewegung aus Amerika kennen wir. Ist dieses Thema in Ihrer Wahrnehmung auch bei uns in Deutschland sehr präsent?
MB: Ja, ganz eindeutig. Wir dürfen nicht vergessen, dass das kein amerikanisches Phänomen ist, sondern aus den Machtstrukturen kommt, aus dem Selbstverständnis jener Männer, die glauben, dass sie aufgrund ihres Einflusses eine gewisse Berechtigung haben, die sie ausleben können und dürfen. Ganz nach dem Motto: Diese Frau hat sich doch gar nicht ablehnend verhalten, also wieso hätte ich es nicht tun sollen.
CWH: Inwieweit beflügelt denn auch die Fantasie und das Spiel in der Branche dieses Fehlverhalten oder bietet gar Zündstoff?
MB: Wir bewegen uns in einer sinnlichen Branche, tragen die eigene Haut zu Markte. Es heißt, Schauspieler:innen werden für ihre Dünnhäutigkeit bezahlt. Das sind dann die Momente, in denen es schnell mal osmotisch werden kann. Man sollte sich immer fragen, wo beginnt der andere, wo höre ich auf. Leider passiert das manchmal eben nicht.
CWH: Gerne möchte ich noch mehr über Ihre Arbeit erfahren. Ein Höhepunkt Ihrer bisherigen Karriere waren doch sicher die Dreharbeiten mit George Clooney. Als Regisseur hatte er Sie für den Film „Monuments Men – Ungewöhnliche Helden“ besetzt. Sie haben den Zahnarzt von Bill Murray gespielt. Wie war das denn, gleich mit zwei Hollywoodgrößen zu drehen?
MB: Es war wunderbar, ich hatte noch nie so viel Spaß beim Drehen wie mit den Jungs. In unseren Köpfen ist ja das Bild vom fröhlichen und lauten Amerikaner – es war aber ganz anders. Alle waren extrem einfühlsam, herzliche Charaktere mit unglaublichem Charisma. Für George Clooney habe ich große Bewunderung. Ich möchte nicht in seiner Haut stecken, er kann keinen Meter gehen, ohne dass die Leute total ausflippen. Er kann sich im Grunde in der Öffentlichkeit nicht mehr frei bewegen. Wir haben auch hier in Deutschland und in England gedreht. Es war unfassbar was dieser Mann für eine Welle hinter sich herzieht und trotz allem immer freundlich und gelassen bleibt. Einmal während einer Drehpause in Südengland sagte Clooney zu uns: „Lasst uns mal eine Runde drehen.“ Wir liefen dann an der Absperrung vorbei, wo Hunderte von Fans gewartet haben. Wir haben Händegeschüttelt und er hat sich gut eine halbe Stunde der Menge hingegeben. Seine Fans sind voll auf ihre Kosten gekommen und hatten Sternchen in den Augen. Es war toll.
CWH: Ich frage mich gerade, ob George Clooney wohl campen geht.
MB: (lacht) Keine Ahnung, aber er hat ja eine illustre Vergangenheit, hat wohl auch mal mit einem Hängebauchschwein zusammengelebt. Ihm würde ich es sogar zutrauen, dass er sich auch in dieser Umgebung sauwohl fühlt.
CWH: Ihre Branche leidet momentan unter Corona. Wie sehen Ihre Arbeitspläne für das kommende Jahr aus?
MB: Ich bin und war gut beschäftigt. Am 10. Februar haben die Dreharbeiten für „Hubert ohne Staller“ wieder begonnen, zwölf von insgesamt 16 neuen Folgen liegen noch vor uns.
CWH: Die Liste Ihrer Filme ist wirklich lang! War „Hubert und Staller“ und danach „Hubert ohne Staller“ für Sie noch einmal so etwas wie ein Quantensprung?
MB: Ja, ganz eindeutig, diese Figur macht mir großen Spaß und ich freue mich sehr über die Beliebtheit beim Publikum.
CWH: Sie scheinen ja wirklich ein glückliches Händchen bei der Auswahl Ihrer Serien zu haben.
MB: Möglich, ich habe in einigen Kultserien mitgespielt. Das ging mit „Die Camper“ los, dann der „Club Las Piranjas“ mit Hape Kerkeling und auch für SAT 1 gab es Serien, die inzwischen Klassiker sind. Aber „Hubert ohne Staller“ hat noch mal klar eins draufgesetzt. Zunächst war ich als Chef ja eher der Außenseiter in dieser Serie. Dann wurde aus „Hubert und Staller“ „Hubert ohne Staller“ und mein Außenseiterdasein aufgehoben. Zunächst dachten wir: „Drehen wir halt mal, dann sehen wir schon.“ Es war dann aber schon erstaunlich, wie das plötzlich abging, wie sich das entfaltet hat und wie gewaltig der Zuspruch war! So drehen wir also fleißig weiter und freuen uns.
CWH: Herr Brandner, wir bedanken uns herzlich für das Interview, wünschen Ihnen und Ihrer Familie alles Gute, freuen uns auf viele weitere Folgen von „Hubert ohne Staller“ und hoffen, dass Sie uns noch ganz viele Jahre mit Ihre Rollen begeistern werden. Ach – und ich hätte da noch eine kleine Bitte an Sie. Sollten Sie sich wirklich eines Tages ein Wohnmobil zulegen, dann würden wir uns sehr über einen kleinen Erfahrungsaustausch mit Ihnen freuen!
Das Interview führte CHW-Chefredakteurin Karin Werner