Monstermäßig fröhlich: Geschichten vom Campen

Aus Ihrer Campingkolumne wurde ein Buch: Bestseller-Autorin Sandra Schulz

Es ist keine Selbstverständlichkeit, dass ihr kürzlich erschienenes Buch „Monstertouren“ so wunderbar beschwingt daherkommt. Ihr erstes Buch war sehr viel ernster und trauriger und befasste sich auch mit der Frage, ob es überhaupt wieder Glück, Leichtigkeit und Lachen in ihrem Leben geben kann. Heute lautet die Antwort: Ja! Seit ihre Tochter mit Downsyndrom und einigen gesundheitlichen Problemen auf die Welt gekommen ist, wurde vieles anders, auch die Wahl des Urlaubsortes, der heute Campingplatz heißt. Ihre wunderbar vergnüglich geschriebenen Campinggeschichten mit dem „Monster-Wohnmobil“ lehren uns, dass Familiencamping fröhlich macht, aber auch nicht immer lustig ist und dass Inklusion auf Campingplätzen gelebt werden kann.

Früher war Sandra Schulz gerne mit dem Rucksack unterwegs, Campingplätze aber gehörten sicherlich nicht zu ihren Zielen. Das Leben war schön bis zu jenem Tag, der alles verändern sollte. In der 13. Schwangerschaftswoche bekam sie für ihr ungeborenes Kind die Diagnose Trisomie 21, das Downsyndrom. Und es sollten weitere Diagnosen folgen. Diese unglaublich schwere Zeit hat sie offen, emotional und berührend in ihrem ersten Buch „Das ganze Kind hat so viele Fehler“ verarbeitet. Heute ist ihr Leben wieder schön. Anders, aber fröhlich. Heute macht es Sandra Schulz glücklich, dass sie angesichts ihrer Vorgeschichte nun dieses zweite Buch schreiben durfte, das ganz ohne Weinen, dafür mit sehr viel Lachen bei den Lesern punkten wird.

CWH: In Ihrem ersten Buch, einem Protokoll Ihrer Schwangerschaft, teilen Sie Ihre Erfahrungen und Ihr Zweifeln mit Ihren Lesern.
SS: Es war eine fürchterliche Erfahrung, eine unglaublich schwere Zeit. Ich war Ende 30, als ich schwanger wurde und wollte sicherheitshalber mit einem Bluttest Trisomie 13 oder 18 ausschließen. Stattdessen bekam ich die Diagnose Trisomie 21, das Downsyndrom. Und kaum hatten mein Mann und ich diese Diagnose irgendwie begriffen, kamen weitere dazu: erst ein schwerer Herzfehler und dann noch die Diagnose Hydrozephalus, früher sagte man Wasserkopf. Ich habe in dieser Zeit zweimal einen Termin für einen Abbruch vereinbart, bin dann aber doch nicht hingegangen. Gegen Ende der Schwangerschaft wurde auch noch eine Mangelernährung im Mutterleib festgestellt und unser Kind kam zudem noch als extremes Frühchen auf die Welt. Um nicht verrückt zu werden, habe ich in der ganzen Zeit der Schwangerschaft Tagebuch geführt. Später wurde daraus ein Buch.

Den Namen “Monster” verdankt das Wohnmobil einer Nachbarin, die ihn einmal so genannt hat.

CWH: Wie kam es zu dem Titel „Das ganze Kind hat so viele Fehler“?
SS: Pränataldiagnostik ist ein schwieriges Feld. Kein Arzt konnte uns sagen, wie schwer der Grad der Behinderung bei unserer Tochter sein würde, ob unser Kind jemals sprechen oder laufen können würde. Einer sagte dann den Satz: „Das ganze Kind hat so viele Fehler …“ Ich habe dieses Zitat zum Buchtitel gemacht, weil es zeigt, wie negativ wir als Gesellschaft oft auf Menschen mit Behinderung blicken, nämlich als Menschen mit angeblichen Mängeln.

CWH: Wie nähert man sich einem Leben mit einer solchen Diagnose überhaupt an?
SS: In meinem Kopf hatte ich ja nur Bilder von gesunden Kindern – ich brauchte also neue Bilder, um mich umstellen zu können. Ich habe viel gegoogelt, um mir nach und nach ein solches Leben vorzustellen und eine Bindung dazu aufbauen zu können. In all dieser Zeit habe ich mich immer wieder gefragt, ob es künftig in unserem Leben überhaupt wieder einen Raum für Fröhlichkeit geben kann.

Auszug aus Monstertouren: „Die Welt schien geschrumpft, alle Leichtigkeit dahin. Doch nach der Geburt unserer Tochter mit 745 Gramm, nach vier Monaten Klinik und vier Operationen, zwei am Kopf und zwei am Herzen, begann ein neues Leben. Ein Leben, das oft anstrengend ist, aber ein Leben, in dem alles wieder vorkommt: Freiheit und Zufall, Glück und Leichtigkeit.“

CWH: Ihre Tochter ist inzwischen neun Jahre alt und eine echte Minicamperin geworden. Sind Campingplätze ein guter Ort für Inklusion?
SS: Oh ja, Campingplätze sind im wahrsten Sinne des Wortes barrierefrei – man hat eine Nachbarschaft auf Zeit, bekommt mit, wie der andere lebt, was eine heimelige Atmosphäre auf Zeit schafft. Die Menschen dort sind kontaktfreudig, hilfsbereit und offen. Das kommt unserer Tochter alles sehr entgegen. Anfangs war mir das gar nicht so bewusst, was für ein gutes Setting, was für ein gutes Format Camping für uns ist. Alles ist dort so unkompliziert, wie man es sonst nur schwer bekommt. Denn je älter die Kinder werden, desto schwieriger wird es, inklusiv zu leben und Begegnungen zu haben. Auf einem Campingplatz gehen die Menschen offen auf unsere Tochter zu, ich muss sie auch hin und wieder mal irgendwo einsammeln. (lacht)

CWH: Zum Beispiel?
SS: Wir lagen am Badesee und plötzlich war unsere kleine Minicamperin weg. Ein alter Herr verriet uns dann, dass sie weiter hinten zusammen mit einer Frau unter einer Fleecedecke liegt. Als ich zu den beiden ging, sagte sie nur: „Mama Womo! Grüße Papa.“ Der Frau gefiel das Ganze, und so lagen die beiden weiter nebeneinander mit geschlossenen Augen auf der Campingwiese.

„Es ist die wahrscheinlich unwahrscheinlichste Fortsetzung unserer Geschichte, die ich mir hätte vorstellen können. Es ist eine große Freude, dass das Leben auch mit Behinderung ein normales Leben ist.“ Sandra Schulz

CWH: Im normalen Leben ist alles schwerer.
SS: Was ich traurig finde, ist die Tatsache, dass die Welten von Kindern mit Behinderungen und ohne so getrennt sind. Je älter die Kinder werden, desto schwieriger wird es, dass sich diese beiden Welten begegnen. Campen ist da ein guter Ausgleich, eine Möglichkeit, etwas zu verwirklichen, was im Alltag schwer zu realisieren ist. Zum Beispiel beim Sport. Es ist schwierig, eine Sportgruppe zu finden, die es sich zutraut, meine Tochter, die sehr sportlich ist, aufzunehmen. Auf dem Campingplatz müssen wir nichts erzwingen, dort spielt sie einfach auch mit größeren Jungs Fußball – und ist glücklich.

„Monstertouren“, das Buch der Spiegel-Bestsellerautorin Sandra Schulz ist bei der Penguin Random House Verlagsgruppe GmbH erschienen.

Verlosung

Wir verlosen fünf Bücher „Monstertouren“ von Sandra Schulz. Einfach eine E-Mail an schreiben und mit ein bisschen Glück können Sie bald lachen, staunen und fröhlich sein.

Anmerkung der Redaktion: Liebe Campingplatzbetreiber, wie wäre es mit einem exklusiv-inklusiven Event auf Ihrem Campingplatz? In gemütlicher Runde am Lagerfeuer liest Sandra Schulz aus ihren Campinggeschichten und schenkt Ihren Gästen ein gemeinsames fröhliches Campingerlebnis. Gerne stellen wir den Kontakt her, schicken Sie uns einfach eine Mail an:

Sandra Schulz wurde in Berlin geboren und wuchs in China auf. Sie studierte Politikwissenschaften und absolvierte die Journalistenschule, war Redakteurin bei der Zeitschrift mare. Seit 2008 ist sie für den Spiegel tätig und war unter anderem als China-Korrespondentin in Shanghai. Sie erhielt den Helmut-Stegmann- und den Axel-Springer-Preis. Heute arbeitet sie im Spiegel-Ressort „Leben“, startete dort auch ihre Campingkolumne „Das Monster und ich“. Ihr Buch mit dem Titel „Monstertouren“ beinhaltet auch etliche unveröffentlichte Geschichten und ist nun im Handel erhältlich.

Foto Sandra Schulz: Katrin Probst
Foto Buch: Penguin Random House Verlagsgruppe GmbH