Über die Grenze geschaut: Was tut sich in der Schweiz?

Im Gespräch mit Nicole Jugenheimer von SCTS

Die Spatz Camping & Touring Service AG ist seit 30 Jahren auf dem Markt und steht für Hands-on-Betreuung in der Campingtourismusbranche rund um die Themen Werbung, Kommunikation und Social Media.

CWH: Frau Jugenheimer, wie ist das Unternehmen SCTS mit Sitz in der Schweiz aufgebaut?

NJ: Wir betreuen touristische Campingplätze in der Schweiz. Wir bieten alles, was der Platz in Sachen Werbung und Marketing braucht. Historisch gesehen waren das früher Anzeigen in Campingführern. Heute sind Onlineportale, Websites, Google Suchmaschinen-Optimierungen, Social Media und Magazine dazugekommen. Seit drei Jahren ist auch die Campingplatzsoftware ein Thema für uns. Wir bieten also eine 360-Grad-Betreuung für die Campingplätze in der Schweiz an.

CWH: Sie sagen, dass Campingplatzsoftware dazugekommen ist, wie darf ich das verstehen?

NJ: Wir haben alle Campingplatzsysteme, Managementsysteme evaluiert und geschaut, was kann die Software, wie ist die Erreichbarkeit, welche Kosten fallen an und wie sieht es mit dem Kundenservice aus. Wir haben uns für zwei Systeme entschieden und arbeiten seither mit easycamp und Camping.care zusammen.

CWH: Welche Kriterien müssen erfüllt sein, um in Ihr Portfolio aufgenommen zu werden?

NJ: Wenn ein neues Unternehmen auf uns zukommt, muss natürlich das Produkt stimmen. Wir fragen, welchen Nutzen es dem Campingplatz bringt und wie zuverlässig es ist. Das ist unsere höchste Prämisse. Ein Campingplatz nimmt sich ja nur einmal im Jahr Zeit für seine gesamten Werbemaßnahmen, da braucht es ein sehr gutes Vertrauensverhältnis. Wir wollen und können es uns nicht leisten, einen Kunden falsch zu beraten und ihn zu verlieren, der Markt ist ja nicht so groß.

CWH: Gibt es eine Besonderheit in der Schweiz im Vergleich zu Deutschland, auch in Sachen sinnvolles Marketing?

NJ: Eine Besonderheit der Schweiz ist, dass wir nicht besonders groß sind. Könnte man die Berge verschieben, würde das anders aussehen (lacht). Diese Situation führt dazu, dass viele Campingplätze eher klein sind. Im Gegensatz zu Deutschland haben wir nur eine Handvoll wirklich große Plätze. Bei kleineren mit bis zu 60 Stellplätzen wird es zu einem Rechenbeispiel, Werbung zu machen. Der Platz muss die Werbungskosten ja auch wieder reinbekommen. Mittlere Plätze beklagen oft, dass sie zum Beispiel keinen Pool etc. haben. Sie müssen sich dann eine eigene Identität schaffen, mit einem guten Konzept langfristig ein Stammpublikum aufbauen. Viele sind inzwischen auf einem guten Weg. Dann gibt es Plätze, wie in Deutschland auch, die ihr Geschäft nur neben der Landwirtschaft betreiben und kein Interesse an Werbung haben. Oder jene Plätze, die vor einem Generationswechsel und der Überlegung stehen, wie es weitergehen soll. In der Tat haben wir in der Schweiz sogar noch ein paar Plätze, die echten Rückstand, noch nicht einmal Strom haben.

CWS: Gibt es Bestrebungen, dass sich manche der kleinen Plätze vergrößern?

NJ: Die meisten kleinen Plätze können leider gar nicht wachsen. Auf der einen Seite sind die Berge, auf der anderen Seite ist der See und seitlich davon verläuft die Autobahn. Manche Betreiber sind darüber glücklich, andere fühlen sich da eher gefangen.

CWH: Wie stellen sich die Werbungskosten in der Schweiz dar?

NJ: Eine Werbung auf pincamp.ch ist nicht teuer, wer aber deutsche Kunden will, muss schon tiefer in die Tasche greifen. Die Preisunterschiede sind dann richtig groß. Das kleinste Abo auf pincamp.ch kostet zum Beispiel 299 Euro im Jahr, auf pincamp.de kostet dieses Abo bereits 1.199 Euro. Der ADAC ist aber so fair und bietet inzwischen günstigere Preise für kleine Plätze an. Wer aber über der Grenze von 60 Stellplätzen liegt, fällt dann zwischen Stuhl und Bank.

CWH: Das ist interessant, dann ist ja direkt mal etwas billiger in der Schweiz (lacht). Wie sieht der Ist-Zustand in Sachen Werbung in der Branche aus?

NJ: Im Vergleich zu früher ist das für einen Platzbetreiber heute alles viel komplizierter geworden. Bis zur Jahrtausendwende hat man lediglich über Campingführer gesprochen. So staubig wie das klingt, so einfach war das aber auch. Hat ein Platz im spanischen Campingführer inseriert, hatte er spanische Gäste, sonst eben nicht. Das war ein einfaches Prinzip. Die Welt war einfach begreifbarer und planbarer. Heute sieht das anders aus. Heute kann auf Onlinewerbung nicht mehr verzichtet werden. In den Anfängen war Onlinewerbung wenig schick, ein bisschen Text, zwei, drei Bilder und über Handy war der Auftritt nicht abrufbar. Das hat keinen Spaß gemacht. Heute sind die Möglichkeiten da ganz anders und umfassender. Dennoch, ein Platz, der es sich leisten kann, macht auch heute noch Printwerbung on top. Es gibt ja viele neue Themenmagazine, die Lust auf Campingurlaub machen wollen. Onlinewerbung hat aber einen klaren Vorteil gegenüber Print. Man kann alles tracken, schauen, wo welcher Kunde herkommt, wie lange der Kunde auf der Website bleibt etc. Im Printbereich ist dies so nicht möglich. Man kann versuchen, dies über Rabattgutscheine abzufragen. In Deutschland funktioniert das, in der Schweiz nicht. Die Mentalität der Schweizer ist nicht besonders rabatttauglich.

CWH: In Deutschland geht es im Augenblick stark darum, dass alle Campingplätze übersichtlich dargestellt werden und eine gute Auffindbarkeit gewährleistet ist. Wie ist das in der Schweiz?

NJ: swisscamps kümmert sich um die Darstellung der Plätze, auch in Kooperation mit dem Touring Club Schweiz auf pincamp.ch. Wer also Mitglied bei swisscamps ist, ist somit auch auf der TSC-Seite vertreten. Zwei weitere Portale sind ebenfalls um Vollständigkeit bemüht. Das ist einmal camping.ch und der SCCV, unser Camping- und Caravaning Verband. Somit haben wir die Situation, dass unsere Campingplätze quasi alle online sind. Natürlich gibt es einzelne Plätze, die trotzdem durchs Raster fallen.

CWH: Wie sieht es denn mit dem Preissystem in der Schweiz aus? Ist alles inklusive oder auch ein undurchsichtiges Wirrwarr wie in Deutschland?

NJ: Ja, das ist in der Schweiz auch so. Das ist auch ein Grund, warum immer noch viele Plätze nicht online buchbar sind, da es schwer war, diese komplexe Preisstruktur abzubilden. Auch da findet gerade ein Umdenken statt.

CWH: Wie sehen Sie die Zukunft der Buchungsplattformen im Campingtourismus?

NJ: Da sind sicher noch einige Schritte zu gehen, aber es geht definitiv voran. So wie im Hoteltourismus sollte es aber niemals werden, das hat schon sehr merkwürdige Züge angenommen. Denken wir an booking.com, da ist ein Hotel quasi gefangen. Gegen so ein Konzept würde ein kleiner Platz gar nicht ankommen.

CWH: Zum Schluss noch eine Frage. Sie haben auch die Onlineplattform gocamping.ch in Ihr Portfolio aufgenommen, warum?

NJ: Das Unternehmen ist sehr spannend, sie mischen den Markt gerade auf, sind anders als die üblichen Plattformen. Sie nehmen keine Buchungsprovisionen, finanzieren sich unter anderem über Werbung. Von gocamping.ch ist das ein guter Schachzug, wenn sie sagen: „Warum von den Partnern Geld verlangen, wenn wir es auch anders verdienen können!“ Noch sind sie neu auf dem Markt, man muss abwarten, wie sich das entwickelt. Kunden in der Schweiz sind mit dieser Perfomance aber bereits sehr zufrieden. Ich finde es auch mutig, dass diese junge Firma aus der kleinen Schweiz ganz frech in den wesentlich größeren Markt nach Deutschland drängt.

CWS: Frau Jugenheimer, herzlichen Dank für das Gespräch und ein Grüezi in die Schweiz. (KW)

Mehr Infos unter: www.scts.ch