In einem Airstream wohnen: Orlando in Chianti Glamping Resort
Im Gespräch mit Loek und Alessandro van de Loo
In den 80er-Jahren wurde Loek van de Loo Miteigentümer eines Campingplatzes am Gardasee, heute nennt man ihn godfather of glamping, begeistert mit der Glampingmarke Vacanze col Cuore. Das Familienunternehmen hat mehrere Standorte in Italien und neuerdings auch im Heimatland Niederlande. Wir haben Loek und seinen Sohn Alessandro ein wenig zum Thema Glamping befragt.
CWH: Wann ging das Thema Glamping für Sie los, wie waren die Anfänge?
Loek: Das erste Resort, welches wir eröffnet haben, liegt am Gardasee, allerdings nicht direkt am See. Damals befanden sich 143 Mitbewerber jedoch bereits in der ersten Reihe. Diese Tatsache war für die Neueröffnung sehr herausfordernd, denn Camper wollen in der Regel direkt am Wasser übernachten. Meine Geheimwaffe vom ersten Moment an: mit den Gästen sprechen, genau zuhören und so herausfinden, was genau ihre Wünsche sind. Immer öfter kam der Wunsch auf, bereits nach Ankunft eine vorbereitete Unterkunft vorzufinden. Wir kauften also zunächst voll ausgestattete Caravans und fertig eingerichtete Familienzelte, die unsere Gäste vorab reservieren konnten. Das war zu dieser Zeit etwas ganz Neues auf einem Campingplatz und somit auch der Beginn unseres Erfolgs. Ein komplett neues Mietobjekt war geboren. Wir blieben in engem Austausch mit unseren Gästen und erfuhren, dass viele sich darüber hinaus eine eigene Toilette und Dusche in ihrem Zelt wünschen und auch etwas erhöht vom Boden sein wollen – allerdings ohne dabei auf das Gefühl zu verzichten, in der Natur zu sein und im Freien zu schlafen. So entstand das erste Lodgezelt – ein voller Erfolg und der Anfang des Glampingtrends.
CWH: Es ist noch gar nicht so lange her, da kannte niemand den Begriff Glamping, heute ist er nicht mehr wegzudenken.
Loek: Ja, Glamping ist inzwischen ein kompletter Game Changer! Glamping ist cool, luxuriös und aufregend. In den Trendcharts der Google-Suche mehren sich jedes Jahr die Ergebnisse für das Wort Glamping. Glamping ist zu einer neuen Art von beliebten Open-Air-Luxusferien geworden, das Ende einer Weiterentwicklung nicht in Sicht.
Loek van de Loo
CWH: Spaltet sich Glamping irgendwann komplett vom klassischen Camping ab?
Alessandro: Ja und nein! Wir beobachten in der Entwicklung des Glampings unterschiedliche Trends:
Glampingresorts: Dies sind Resorts, die zu 100 Prozent als Open-Air-Glamping konzipiert und gestaltet wurden. In diesem Fall ist das Angebot 100 Prozent Glamping und das gesamte Kundenerlebnis entspricht vollständig den Glampingstandards. Diese Resorts können entweder klein (wir nennen sie oft Boutiquen) oder mittelgroß sein. Unser Orlando in Chianti Glamping Resort in der Toskana wurde vor zehn Jahren nach dieser Philosophie gebaut und ist ein gutes Beispiel für diesen Trend.
Glampingcamping: In diesem Trend sehen wir, dass immer mehr größere Campingplätze einige Bereiche innerhalb des Campingplatzes neu gestalten und luxuriöse Mietunterkünfte integrieren. Tatsächlich können diese Glampingdörfer innerhalb des größeren Resorts von den Gemeinschaftseinrichtungen profitieren. In diesem Fall entwickeln sich die zwei unterschiedlichen Urlaubsangebote nebeneinander. Es gibt viele Beispiele für diese Art der Umsetzung – ein gutes Beispiel dafür ist das Vacanze col Cuore Papillon Country Resort in Holland.
Reines Glamping: Es gibt mehrere Beispiele für sehr luxuriöse Glampingunterkünfte, die sich an sehr abgelegenen Orten befinden und wenig zusätzliche Einrichtungen (Restaurant, Pool etc.) bieten. In diesem Fall werden Kunden von der hervorragenden Unterkunft, der Natur und dem außergewöhnlichen Erlebnis angezogen. Hier gibt es eine ganz klare Trennung zum traditionellen Campen.
CWH: Was ist neben Komfort und Luxus noch unverzichtbar beim Glamping? Ist es auch die ganz besondere Gästebetreuung?
Alessandro: Ein echtes Glampingerlebnis geht weit über eine luxuriöse Unterkunft hinaus, denn die Gäste suchen ein ganzheitlich tolles Erlebnis. In den Schulferien steht die Zeit mit der Familie im Vordergrund, zu anderen Zeiten können Ruhe und Entspannung wichtiger sein. Wir haben festgestellt, dass sich unsere Gäste für Glamping entscheiden, weil es Urlaub unter freiem Himmel ist und ihnen viel Raum und Freiheit bietet – kombiniert mit hochwertigen Gemeinschaftseinrichtungen. In unseren Resorts bieten wir daher Gourmetrestaurants, Schwimmbäder, professionelle Animationsteams für Kinder und Spotty, unser Maskottchen, das auf dem Gelände herumläuft. Unsere Gäste bekommen auf jeden Fall ein 360-Grad-Glamping-Feeling. Der andere sehr wichtige Aspekt für Glamping ist die Natur. Das ist es, was die Gäste wirklich suchen und Glamping in seinen verschiedenen Formen kann es bieten.
CWH: Wo hört Camping auf und wo geht Glamping los? Gibt es fließende Übergänge?
Alessandro: Glamping begann definitiv als Weiterentwicklung des Campings. Am Anfang stellten wir fest, dass unsere Gäste nach einem Campingerlebnis fragten: im Freien schlafen, das Geräusch des Regens auf den Zeltplanen hören. Aber: Sie wollten bei Regen weder zu einem Toilettengebäude laufen noch Matsch im Zelt haben. So kamen wir auf die Idee, ein Zelt mit Bad und Küche zu bauen und auf einem höheren Unterboden zu platzieren. Mit dem ersten Logenzelt wurde in Europa Glamping geboren. Von da an hat sich die Branche stark entwickelt, immer auf der Suche nach dem besten Kundenerlebnis, und heutzutage ist Glamping zu einem weltweiten Trend geworden, der noch größer werden wird als Camping.
CWH: Warum hat sich Glamping so rasant entwickelt? Ist das den Social-Media-Kanälen geschuldet? Ist es der Hype, die Sehnsucht, das Besondere zu finden? Oder beides?
Alessandro: Glamping hat sich so rasant entwickelt, weil es auf die Bedürfnisse einer sehr großen Kundengruppe reagiert. Die Menschen suchen nach Qualitätszeit, nach nachhaltigen Ferien und Erlebnissen, an die sie sich erinnern werden. Soziale Medien helfen sehr. Sie ermöglichen den Menschen, ihre Erfahrungen sehr schnell auszutauschen und ihr Umfeld zu inspirieren.
CWH: Wie schnelllebig ist das Geschäft? Immer noch toller? Immer noch innovativer? Kommt man da an Grenzen? Wie wird sich Glamping weiterentwickeln? Wo sehen Sie Glamping in vier Jahren?
Alessandro: Derzeit entwickelt sich der Markt sehr schnell. Wir sehen, dass sich Glamping als globaler Trend entwickelt – es gibt viele verschiedene Akteure, die aus vielen verschiedenen Bereichen in diesen Markt eintreten. Einerseits gibt es Entwicklungen, die einerseits von der traditionellen Campingbranche, andererseits von der Hotellerie und der Freizeitindustrie ausgehen. Es gibt mehrere Beispiele für Zoos und Themenparks, die Glampingstrukturen implementieren sowie große Festivalorganisationen, die Pop-up-Glampings mit Festivalatmosphäre schaffen. Ich glaube nicht, dass wir eine Grenze erreichen werden, da es ständige Weiterentwicklungen geben wird, um den neuen Bedürfnissen und Wünschen der Kunden gerecht zu werden. Daher wird Glamping sich noch in viele verschiedene Richtungen entwickeln. In vier Jahren werden wir definitiv weitere Resorts bauen, die den neuesten Trends und Philosophien folgen.
CWH: Gibt es überhaupt noch Steigerungsmöglichkeiten?
Alessandro: Ja, ganz sicher! In Europa suchen die Menschen immer mehr nach Outdoor Quality Time, das Potenzial ist riesig. Als neuen Trend prognostizieren wir, dass es immer mehr eine Verschmelzung von Glampingfeeling und Hotelservice mit Fokus auf die Natur geben wird.
CWH: Welche Länder stehen in Sachen Glamping an der Spitze?
Alessandro: Als Gäste waren die Holländer die ersten, die sich fürs Glamping begeisterten. In den Niederlanden wurde Glamping daher überhaupt erst zu einem bekannten Konzept. In den letzten Jahren ist der Trend in ganz Europa gewachsen und wir haben jetzt wunderschöne Beispiele für Glampingresorts von Portugal bis Kroatien und auch in Mittel- und Nordeuropa. Darüber hinaus gibt es einige atemberaubende Glampingresorts in Asien, den USA und sogar in Australien.
CWH: Wann ging der Hype in Deutschland richtig los? Hinkt Deutschland hinterher?
Loek: Nach der Einführung in Holland präsentierten wir unsere Glampingprodukte auf der CMT in Stuttgart und luden 2011 zusammen mit dem renommierten Trend- und Zukunftsforscher Dr. Eike Wenzel zu einer Pressekonferenz. Dieser prognostizierte: „Die Nähe zur Natur, kombiniert mit luxuriösen Campingangeboten, wird sich durchsetzen, denn Glamping ist der Tourismus-Trend 2020.“ Von diesem Moment an begann der Glampingtrend in Deutschland und entwickelte sich sehr schnell. Heutzutage ist Glamping in Deutschland so beliebt wie in vielen anderen Ländern Europas!
Hier ist Glamping angesagt: Ein alter Schulbus/Chianti Glamping Resort
CWH: Wird das Segment Glamping nicht auch immer mehr Investoren anlocken, die aber im Grunde keine Ahnung von Camping haben. Droht da Gefahr?
Alessandro: Sowohl Glamping als auch Camping ziehen in letzter Zeit viele neue Investoren an. Ich sehe dies eher als Chance denn als Risiko, da es letztendlich die Qualität des Angebots steigern wird.
CWH: Wer sind die Glamper? Ehemalige Camper oder eher Neueinsteiger? Eher jung oder alt?
Alessandro: Die Early Adaptors waren vor allem urbane Familien mit Kindern, die einen Outdoorurlaub mit einem besonderen Erlebnis verbinden wollten. Heutzutage sind Glamper sehr unterschiedlich: In einigen Fällen haben sie einen Campingbackground, in anderen Fällen wiederum nicht. Wir beobachten viele Gäste, die in einem Jahr einen Glampingurlaub machen, im folgenden Jahr eine Kreuzfahrt unternehmen und im darauffolgenden Jahr einen Hotelurlaub buchen.
CWH: Ist die Klimakrise gar Brandbeschleuniger in der Branche?
Alessandro: Glamping ist Urlaub mit einem relativ kleinen ökologischen Fußabdruck. Dass sich die Menschen immer bewusster mit dem Klimawandel auseinandersetzen, ist definitiv eine Chance fürs Glamping.
CWH: Wieso vergleichen viele Glamping mit Vanlife? Passt das zusammen?
Alessandro: Ich glaube nicht. Glamping ist die Kombination des Outdoorgefühls mit dem Komfort einer tollen Unterkunft.
CWH: Welches sind aktuell Ihre kreativsten und trendigsten Unterkünfte?
Alessandro: Wir haben unsere Resorts in den letzten 15 Jahren stetig verbessert, um den Wünschen unserer Gäste nachzukommen. 2021 eröffneten wir unsere Glampingkollektion im Orlando in Chianti Glamping Resort, einem kleinen Dorf, das mit einem original amerikanischen Schulbus, einem Airstream-Wohnwagen und einem Vintage-Shasta-Trailer errichtet wurde, die wir allesamt zu Glampingunterkünften umgewandelt haben. Dies sind alles kreative Einzelstücke mit einem sehr hohen Trendfaktor. Im Sommer 2022 werden wir auch einen einzigartigen Schulbus in Sivino’s Camping Boutique am Gardasee und im Papillon Country Resort in den Niederlanden haben.
CWH: Sie haben Ihr Glampinggeschäft in Italien begonnen, obwohl Sie ursprünglich aus den Niederlanden stammen, wo der Glampingtrend begann. Jetzt haben Sie Ihr erstes Glampingresort in den Niederlanden eröffnet. Warum haben Sie sich entschieden, zu Ihren Wurzeln zurückzukehren?
Alessandro: In den letzten Jahren haben wir festgestellt, dass unsere niederländischen und deutschen Gäste uns zwar gerne in Italien besuchen, aber sich für einen Kurztrip auch ein Glampingresort, welches unseren Standards entspricht, in der Nähe ihrer Heimat wünschen. Deshalb haben wir das Papillon Country Resort in Twente (nur wenige Meter von der deutschen Grenze entfernt) eröffnet. Hier finden die Gäste unsere einzigartige italienische Glampingatmosphäre vor – wie etwa ein italienisches Restaurant mit vielen hausgemachten Qualitätsgerichten. Und dennoch sind sie nur ein paar Stunden von zu Hause entfernt. (KW)
Fotos: Camp Komm und Vacanze col Cuore
Wir bedanken uns ganz herzlich bei Camp Komm, die uns den Kontakt hergestellt, unsere Fragen weitergeleitet und das Interview für uns übersetzt haben.
Camp Komm ist die erste PR-Agentur, die sich auf die Camping- und Outdoorbranche sowie auf naturnahes Reisen spezialisiert hat. Ina Bohse und Karolin Turck entwickeln wirkungsvolle Kommunikationsstrategien für Campingplätze, Campervermietungen, Onlineportale, naturnahe Unterkünfte und Outdoorreiseziele. Ihr Kundenstamm, zu dem auch die Glampingmarke Vacanze col Cuore zählt, wächst stetig. Seit Kurzem bereichern zwei neue Kunden das Portfolio der Hamburger PR-Agentur. Camp Komm übernimmt ab sofort die Presse- und Öffentlichkeitsarbeit für die Cabins von Neugrad in der Eifel sowie für das Onlineportal Glampings.
Mehr Infos unter: www.camp-komm.de