Photovoltaik auf dem Campingplatz: Die Zukunft ganz ohne Risiko?

Liebe Leserin, lieber Leser,

die Saison 2023 ist eröffnet, die ersten langen Wochenenden liegen hinter uns und die Camping- und Wochenendplätze füllen sich mit Leben. Dabei bieten, wie wir alle wissen, Camping- und Wochenendplätze eine einzigartige Möglichkeit, dem hektischen Alltag zu entfliehen und die Natur zu genießen. Im Zeitalter des Klimawandels und der Energiewende gewinnen nachhaltige Energielösungen dabei auch auf Campingplätzen zunehmend an Bedeutung. Die Installation von Photovoltaikanlagen auf Camping- und Wochenendplätzen eröffnet nicht nur ökologische Vorteile, sondern ermöglicht es auch, von sauberer Energieerzeugung zu profitieren. Doch wie sieht es mit der Zulässigkeit solcher Anlagen aus? Wer ist der Betreiber und welche Problemstellungen können sich ergeben?

Bevor sich im Detail hiermit befasst werden kann, muss jedoch Klarheit über die verschiedentlichen Varianten von PV-Anlagen bestehen. Ganz grundsätzlich sind hier drei Typen zu unterscheiden:

1. Die Minianlage
Hierbei handelt es sich um eine vollkommen autarke Anlage, welche etwa auf dem Campingmobil aufzustellen ist und – dies ist besonders wichtig – unabhängig von ihrer Leistung ausschließlich in eine Batterie bzw. das Bordnetz des Campingwagens einspeist. Der erzeugte Strom kann dann aus dieser Batterie zum Betrieb kleinerer Verbraucher direkt verwendet werden. Unter der Voraussetzung, dass keine Einspeisung in ein externes Stromnetz erfolgt, sind derartige Anlagen vollkommen genehmigungsfrei zu betreiben.

2. Die anmelde- bzw. anzeigepflichtige Kleinanlage
Die im Volksmund auch häufig als Balkonanlage oder Balkonkraftwerk betitelten Kleinanlagen bestehen grundsätzlich aus einem oder mehreren PV-Modulen und speisen durch einen sogenannten Wechselrichter eine maximale Leistung von 600 Watt in das Stromnetz ein. Derartige Anlagen erfreuen sich auch unter den Campern immer größerer Beliebtheit, da der Handel inzwischen Komplettpakete mit allen benötigten Komponenten zu günstigen Preisen anbietet. Auch wird keinerlei Fachkraft zur Installation benötigt. Gleichwohl gilt es zu beachten, dass diese Art von Kleinanlagen sowohl im Marktstammdatenregister eingetragen als auch bei dem Netzbetreiber angemeldet werden müssen. Eine Vergütung von nicht selbst verbrauchtem und damit in das Netz eingespeistem Strom findet hierbei nicht statt.

3. Die genehmigungspflichtige PV-Anlage
Letztlich und heute kaum mehr wegzudenken, nimmt die Errichtung von größeren Anlagen mit einer Einspeisung von mehr als 600 Watt nahezu täglich zu. Für derartige (Groß-)Anlagen gilt, dass diese ausschließlich durch einen Fachmann/Elektriker zu installieren und anzumelden sind. Daneben müssen bestehende baurechtliche Vorschriften beachtet werden sowie eine Anzeige beim Finanzamt erfolgen. Schließlich wird der produzierte Strom im Rahmen einer Einspeisevergütung dem Betreiber vergütet. Hierdurch entstehen dem Grunde nach unternehmerische und damit gegebenenfalls steuerpflichtige Umsätze.

Auf Campingplätzen stellt sich dann häufig die Frage, wie mit den von Campern errichteten (Klein-)Anlagen umzugehen ist. Das Problem stellt sich immer dann, wenn – was der Regelfall sein dürfte – der einzelne Camper/Standplatzmieter keinerlei Vertragsbeziehung zu einem Stromversorger hat, sondern vom Campingplatz mit Energie versorgt wird. Anschlussinhaber beim örtlichen Versorger ist folglich der Campingplatzbetreiber, der dann auch als Betreiber der PV-Anlage, unabhängig ob diese durch den Standplatzmieter installiert wurde, gilt, sodass die Anmeldeverpflichtung dann gleichwohl den Campingplatzbetreiber trifft. Jetzt könnte natürlich in der Praxis der Campingplatzbetreiber die von seinem Mieter installierte Kleinanlage ordnungsgemäß anmelden. Dies wäre auf den ersten Blick die richtige Vorgehensweise, ist jedoch regelmäßig zu kurz gedacht! Sobald nämlich ein zweiter Camper ebenfalls eine PV-Kleinanlage in Betrieb nimmt, würde für den Anschluss des Campingplatzbetreibers die maximale Einspeisung von 600 Watt überschritten, sodass dann die strengeren Installations- und Genehmigungsvorschriften für Großanlagen mit Einspeisevergütung anzuwenden wären. Auf den Campingplatzbetreiber entfiele folglich der erhebliche, nicht nur bürokratische Aufwand, wohingegen die Nutzungen, insbesondere die Stromeinsparung, in der Regel dem Camper zugutekäme. An einer derartigen Konstellation kann jedenfalls der Campingplatzbetrieb kein ernsthaftes Interesse haben.

Auch drohen dem Campingplatzbetreiber durch das Zulassen von Kleinanlagen auf seinem Platz ohne diese ordnungsgemäß anzumelden empfindliche Bußgelder. Wird etwa eine Kleinanlage vom Betreiber nicht im Marktstammdatenregister eingetragen, liegt eine Ordnungswidrigkeit vor. Diese kann nach § 95 Energiewirtschaftsgesetz mit einem Bußgeld von bis zu 50.000 Euro geahndet werden. Hinzu treten gegebenenfalls noch Strafzahlungen an den Netzbetreiber durch den Betrieb nicht konformer PV-Anlagen. Hierunter zählen solche Anlagen mit falschem Stromzähler, regelwidrigem Wechselrichter oder einer Leistung von (aktuell) mehr als 600 Watt. Die Strafzahlung wird dabei regelmäßig auf die installierte Leistung an Solarmodulen bemessen und gerade nicht auf die eingespeiste Energie bzw. durch den Wechselrichter begrenzte Einspeisung erhoben. Der nicht gesetzeswidrige Betrieb von größeren Anlagen kann darüber hinaus noch weitaus empfindlichere Bußgelder und Ordnungsverfügungen nach sich ziehen.

„Kleinanlage“ mit 600 Watt oder 800 Watt?
In Deutschland gelten sogenannte Balkonkraftwerke als solche für das Stromnetz nicht relevanten Anlagen mit einer Einspeisung von bis zu 600 Watt. Hierbei wird die maximale Einspeisung regelmäßig durch den Wechselrichter begrenzt. Doch woher kommt diese Begrenzung auf 600 Watt?

Entsprechend der EU-Richtlinie 2016/613 gelten Erzeugungsanlagen bis 800 Watt als nicht relevant für das Stromnetz und sollen folglich nicht meldepflichtig sein. Diese Richtlinie wurde jedoch, anders als in unseren Nachbarländern wie etwa Österreich und Luxemburg, nicht in nationales Recht umgesetzt. In Deutschland gilt stattdessen die Anwendungsregel AR-N 4105 des Verbands Elektrotechnik Elektronik Informationstechnik (VDE), wonach ein Wechselrichter eine maximale Ausgangsleistung von 600 Watt haben darf. Hintergrund war hier eine Untersuchung des PI Photovoltaik-Instituts Berlin, welche zu dem Ergebnis kam, dass Steckersolargeräte bis 600 Watt nicht zu einer Überlastung der Stromleitungen führen. Dass jedoch in absehbarer Zeit eine Angleichung auch in Deutschland auf den EU-weit geltenden Standard von bis zu 800 Watt kommt, gilt als sicher. So haben sich kürzlich zahlreiche wichtige Akteure für die höhere Bagatellgrenze ausgesprochen. Der VDE spricht sich in einem Positionspapier für die Umsetzung der EU-Richtlinie aus, ebenso unterstützen der Bundesverband der Verbraucherzentralen und das Umweltbundesamt das Vorhaben, sodass das Bundeswirtschaftsministerium die 800-Watt-Grenze zuletzt in die sogenannte Photovoltaikstrategie aufgenommen und die Gesetzesänderung jüngst über den VDE in Auftrag gegeben hat. Mithin gilt als sicher, dass die Anhebung der Obergrenze auf 800 Watt kommt. Nach aktuellstem Stand soll eine Befassung des Parlaments nach der Sommerpause 2023 erfolgen.

Festzustellen ist daher, dass sich der Campingplatzbetreiber in aller Regel äußerst zurückhaltend mit der Erteilung von Erlaubnissen zur Errichtung von PV-Anlagen durch seine Camper/Standplatzmieter positionieren sollte. Einzige Ausnahme hiervon kann allenfalls der Betrieb vollkommen autarker Anlagen ohne jegliche Einspeisung in das Stromnetz des Campingplatzes sein. Dies ist dann jedoch aufgrund der skizzierten Bußgeldandrohung streng zu kontrollieren. Dabei sei noch ergänzend darauf hinzuweisen, dass der Betrieb von PV-Kleinanlagen mit Einspeisung nach aktuell geltendem Recht immer mit der Installation von Stromzählern mit einer sogenannten Rücklaufsperre einherzugehen hat. Größere Anlagen sollten dann mit einem Zweirichtungszähler ausgestattet sein, sodass sowohl der entnommene als auch der produzierte Strom ordnungsgemäß erfasst werden.

Wenn jetzt also grundsätzlich ein sehr restriktiver Umgang mit den von den Campern beabsichtigten Installationen von PV-Anlagen geboten ist, stellt sich zwangsläufig die Frage, wie denn dem Ziel der Nutzung von Solarenergie auf Campingplätzen entsprochen werden kann. Als Alternative könnte etwa in Betracht gezogen werden, dass der Campingplatzbetreiber tatsächlich die Dächer bzw. Dachflächen nicht nur seiner eigenen Bauwerke auf dem Platz, sondern auch die der Campingeinrichtungen seiner Mieter zum Betrieb einer ganzheitlichen PV-Anlage auf dem Campingplatz nutzt. Sowohl was die konkrete technische Umsetzung als auch die vertragliche Ausgestaltung mit den Campern angeht, wäre hier jedoch tatsächlich noch Pionierarbeit zu leisten. Auch wäre es etwa denkbar, dass der Campingplatzbetreiber jedem Standplatzmieter einen eigenen Stromanschluss mit einem beliebigen, vom Standplatzmieter frei wählbaren Stromlieferanten ermöglicht. Bei Bestehen eines mietereigenen Versorgungsvertrages hätte dann letztlich der Standplatzmieter die Wahl und zugleich die Verpflichtung, seine PV-Anlage entsprechend der Gesetzeslage anzumelden und zu betreiben. Es bleibt an dieser Stelle spannend, welche Alternativen oder mögliche anderweitige Konzepte sich hier in Zukunft ergeben werden.

Die vorstehend aufgezeigten Ideen bitte ich dabei nicht abschließend und an dieser Stelle auch ausdrücklich lediglich als Anregungen zu verstehen. Keinesfalls stellen diese für den Einzelfall vorzunehmende Handlungsanweisungen dar. Als Ansprechpartner für die Campingwirtschaft bin ich offen für Ihre kreativen Ideen und Anregungen und stehe Ihnen gern bei der rechtlichen Umsetzung, mithin der Konzeptionierung sowie der (vertraglichen) Gestaltung, zur Verfügung. Zum Abschluss eines jeden Artikels sei auch hier ausdrücklich darauf hingewiesen, dass der Artikel nicht als Rechtsberatung verstanden werden kann. Es kommt stets auf die konkreten Umstände des jeweiligen Einzelfalls an. Sollten Sie Fragen haben, stehe ich Ihnen gerne mit Rat und Tat zur Seite.

Ihr Rechtsanwalt Florian Steiner

Fachanwalt für Mietrecht und Wohnungseigentumsrecht

Rechtsanwaltskanzlei Hampel & Steiner

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