Liebe Leserin, lieber Leser,
in den vergangenen Wochen erreichen mich vermehrt Anfragen zur Thematik der neuen Grundsteuer. Hintergrund ist, dass etwa die Finanzämter in Nordrhein-Westfalen bereits seit Ende Februar 2023 sogenannte Erinnerungsschreiben zur Abgabe bisher nicht eingereichter Erklärungen zur Feststellung des Grundsteuerwerts versenden. Aber auch unabhängig von derartigen akuten Problemstellungen herrscht bei dem Thema der neuen Grundsteuer große Unklarheit, sodass mit dem Ihnen vorliegenden Artikel ein Überblick über die Materie abgefasst und Ihnen, liebe Leserinnen und Leser, der Einstieg erleichtert werden soll.
Worum geht’s?
Bereits 1995 – also vor annähernd 30 Jahren! – hat das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) die Besteuerung nach Einheitswert in den sogenannten Einheitswertbeschlüssen als verfassungswidrig bewertet und damit dem Gesetzgeber quasi aufgegeben, die Grundsteuer bis spätestens zum Jahre 2025 zu reformieren. Maßgeblich für die Berechnung der Grundsteuer war bisher das Modell der „Einheitsbewertung“, welches im Wesentlichen noch auf das Reichsbewertungsgesetz von 1935 zurückzuführen war. Bereits 1995 stellten die Verfassungsrichter im Kontext der Entscheidung zu Fragen der Besteuerung von Vermögen im Allgemeinen (Vermögenssteuer) sowie der Erbschaftssteuer fest, dass dieses Berechnungsmodell die tatsächliche Entwicklung schon lange nicht mehr abbilde. Damit stand schon im Jahr 1995 fest, dass auch im Hinblick auf die Grundsteuer eine Reform des Berechnungsmodells vorzunehmen ist. In der Folge hielt der Gesetzgeber jedoch an der Einheitsbewertung fest, was letztlich lange auch durch den Bundesfinanzgerichtshof (BFH) sowie das BVerfG toleriert wurde. Erst im Jahr 2014 legte der BFH dann die Frage der Verfassungskonformität auch im Kontext der Grundsteuer dem BVerfG vor. In ihrer Entscheidung aus dem Jahr 2018 stellten die Verfassungsrichter dann letztlich auch für die Grundsteuer klar, dass das antiquierte Berechnungsmodell der Einheitsbewertung nicht (mehr) verfassungskonform ist. Hieraus folgte dann der klare und unmissverständliche Auftrag an den Gesetzgeber, eine Reform der Grundsteuer vorzunehmen.
Dem ist der Gesetzgeber dann letztlich „kurz vor knapp“ gefolgt und lässt nun über die Erklärung zur Feststellung des Grundsteuerwerts die Bemessungsgrundlagen ermitteln.
Wer ist betroffen?
Betroffen von der Grundsteuerreform sind ca. 36 Millionen Grundstücke und damit grundsätzlich alle natürlichen und juristischen Personen mit Grundbesitz auf dem Gebiet der Bundesrepublik. Aber wie ist eigentlich Ihr Campingplatzbetrieb von der Grundsteuerreform betroffen? In Abgrenzung zum Wohnraummietrecht, bei welchem der Vermieter die neue Grundsteuer aufgrund der vertraglichen Regelung auf den Mieter schlicht umlegen kann und ihm so kein monetärer Nachteil auch bei einer unter Umständen höher ausfallenden neuen Grundsteuer entsteht, ist die Umlage im Grundstücksmietrecht, welches üblicherweise bei Campingparzellen anzuwenden ist, nicht derart einfach gelagert.
Für Sie als Camping- oder Wochenendplatzunternehmer dürfte die Grundsteuer eine Kostenposition sein, die maßgeblich in Ihre Kalkulation der Platzmiete bzw. eine Betriebskostenpauschale einfließt. Üblicherweise werden stets lediglich die verbrauchsabhängigen Betriebskosten (Strom, Wasser etc.) konkret abgerechnet und im Übrigen mit Pauschalen gearbeitet. Umso mehr ist es daher von Bedeutung, dass der Grundsteuerbescheid von Ihnen kritisch geprüft wird. Kommt es einmal zu einer unzutreffend zu hoch festgesetzten Steuer, ist diese mit Rechtsmitteln kaum mehr anfechtbar.
Was ist zu tun?
In der bis spätestens 31.1.2023 (Ausnahme Bayern: Frist 30.4.2023) abzugebenden Grundsteuererklärung waren Angaben zur Grundstücksgröße sowie zur Immobilienart und zum Alter der Gebäude sowie dem Verhältnis der Wohnfläche zur Nutzfläche vorzunehmen. Mit wenigen Ausnahmen (z. B. Hessen, Niedersachsen) waren dabei auch Angaben zum Bodenrichtwert erforderlich. Bei einer Bewertung eines Campingplatzes als bebautes Geschäftsgrundstück in ländlichen Lagen ist grundsätzlich der Bodenrichtwert für Gewerbegrundstücke im Außenbereich heranzuziehen. Dies folgt nach einhelliger Meinung aus der Übertragbarkeit des bisher anzuwendenden Sachwertverfahrens zur Einheitsbewertung von Camping- und Wochenendplätzen mit darauf befindlichen „Gebäuden mit einigem Wert“. Wie mir jedoch aufgrund der hohen Anzahl der Anfragen bekannt ist, gibt es für die Grundstücke einer Vielzahl von Campingbetrieben keinen abrufbaren Bodenrichtwert. In diesen Fällen muss der Wert aus vergleichbaren Flächen abgeleitet werden, so der Gesetzgeber.
Welchen Wert die Gemeinden in diesem Fall ansetzen, bleibt abzuwarten und sollte in jedem Einzelfall innerhalb der Rechtsmittelfrist kritisch gegebenenfalls im Austausch mit Nachbarbetrieben oder Betrieben in benachbarten Landkreisen geprüft werden.
Hinsichtlich der von Ihnen, liebe Leserinnen und Leser, abzugebenden Steuererklärung ist es so, dass das Formular beim Ausfüllen für den Verwender einige Schwierigkeiten bereithält. Die angebotenen Hilfeportale auf der Website der Finanzämter helfen hierbei leider nur bedingt weiter, zumal es keine belastbare Onlinehilfe oder gar eine telefonische Hotline gibt. Sollten Sie trotz Verstreichen der Abgabefrist die Grundsteuererklärung bisher noch nicht abgegeben haben, ist es höchste Zeit. Zwar gewähren die allermeisten Finanzämter eine gewisse Kulanzzeit, jedoch besteht grundsätzlich auch die Möglichkeit, monatliche Säumniszuschläge oder gar Bußgelder/Zwangsgelder von bis zu 25.000 Euro zu verhängen. Zumindest nach meinem Kenntnisstand ist dies jedoch bislang nicht erfolgt. Gleichwohl sollten Sie, so Sie hinsichtlich der Grundsteuer noch nicht tätig waren, dies nunmehr unverzüglich nachholen. Erste Anlaufstelle sollte dabei Ihre steuerliche Beratung sein. Gerne können Sie sich aber auch vertrauensvoll an mein Büro wenden.
Und dann?
Mit den von Ihnen in der Grundsteuererklärung gemachten Angaben berechnet das Finanzamt den Grundsteuersatz. Entsprechend bekommen alle Grundstücksbesitzer einen neuen Steuerbescheid von ihrem Finanzamt zugeschickt. Voraussichtlich ist hiermit bis Ende 2023 zu rechnen.
ACHTUNG: Dieser Steuerbescheid verpflichtet nicht zur Zahlung. Allerdings sollten Sie diesen Bescheid nicht unbeachtet lassen, da es sich bei diesem Schreiben um die Festsetzung des Grundsteuermessbetrages handelt. Dies ist ein wesentlicher Faktor, der neben dem Grundsteuerhebesatz und dem Grundsteuerwert zur Berechnung Ihrer konkreten Grundsteuer berücksichtigt wird. Erst in einem zweiten Schreiben erhalten Sie den Grundsteuerwert. Hierbei handelt sich dann um einen Faktor, der den Wert Ihres Besitzes angibt.
Zu beachten ist überdies, dass nicht alle Bundesländer die neuen Grundsteuerregelungen einheitlich umsetzen. Den Ländern ist das Recht eingeräumt worden, bei der Grundsteuer vom Bundesgesetz abweichende rechtliche Regelungen zu treffen. Von dieser gesetzgeberischen Kompetenz machen die Länder Baden-Württemberg, Hessen, Hamburg, Niedersachsen, Bayern, Saarland sowie Sachsen Gebrauch. Je nachdem in welchem Bundesland Ihr Grundbesitz gelegen ist, können verschiedene und voneinander abweichende Bescheide verschickt werden.
Sobald Ihnen Post von Ihrem Finanzamt vorliegt, wird angeraten, die Bescheide kritisch zu überprüfen. In der Regel ergehen zunächst zwei Bescheide: der sogenannte Grundsteuerwertbescheid mit dem Grundsteuerwert sowie der Grundsteuermessbescheid mit dem Grundsteuermessbetrag. Der im ersten Bescheid festgesetzte Grundsteuerwert enthält wesentliche Angaben zum Grundstück wie Wert, Art sowie Zurechnung zum jeweiligen Eigentümer. Im zweiten Bescheid wird der Grundsteuerwert aus dem ersten Bescheid mit der Steuermesszahl multipliziert. Die Steuermesszahl ist ein gesetzlich festgelegter Wert, der von der Werthaltigkeit des Grundstücks abhängt. Dieser Grundsteuermessbescheid ist wiederum die Grundlage für die Festlegung der Grundsteuer unter Berücksichtigung des jeweiligen Hebesatzes der Stadt/Gemeinde im dritten zu erwartenden Bescheid. Zur Zahlung verpflichtend ist der verschickte dritte (Festsetzungs-)Bescheid, bei welchem es sich um den Grundsteuerbescheid handelt. Dieser Bescheid weist dann letztlich die ab dem Jahr 2025 zu zahlende Grundsteuer betragsmäßig aus.
Ihr Handeln ist gefordert!
Sie selbst müssen letztlich prüfen, ob die Berechnungen in den Bescheiden stimmen. Eine Internetrecherche oder auch die Hilfsangebote verschiedentlicher Onlinegrundsteuerrechner bieten hierbei zumindest einen ersten Ansatz, ob die Berechnung zutreffend ist. Falsch ist der Messbetrag etwa schon dann, wenn das Finanzamt die Angaben aus der Grundsteuererklärung nicht zutreffend übernommen hat. Sobald Sie eine Unrichtigkeit vermuten, sollten Sie in jedem Fall binnen eines Monats nach Erhalt des Bescheides Einspruch einlegen. Zu diesem Zwecke enthält jeder Bescheid eine Rechtsmittelbelehrung, in welcher genau dargestellt ist, wie der Einspruch zu erfolgen hat. In jedem Fall ist ein formloses Schreiben per Post, in welchem die Steuernummer, der betreffende Bescheid sowie Name und Adresse anzugeben sind, ausreichend. Zudem sollten Sie den Einspruch begründen, was jedoch nicht Voraussetzung für die wirksame Einlegung des Einspruchs ist. Schlussendlich muss das Schreiben auch beweissicher dem Finanzamt fristgerecht zugehen.
Kurioserweise erreichten mich in den letzten Wochen besorgte Anrufe von Campingplatzbetreibern, die mir mitteilten, dass auch einzelne Stellplatznutzer/Camper von den Gemeinden wie Eigentümer zur Abgabe von Steuererklärungen aufgefordert wurden und dem wohl sogar in Einzelfällen nachgekommen wurde. Warum dies erfolgte, erschließt sich nicht, wobei sogar bereits in einigen Fällen auf kuriose Art und Weise auch bereits Bescheide gegenüber den Stellplatznutzern ergangen sein sollen. Da diese Bescheide nicht gegen den Grundstückseigentümer ergangen sind, bedarf es nach hiesigem Dafürhalten keines Tätigwerdens gegen diese Bescheide. Gleichwohl zeigt dies aber nochmals auf, welch bürokratisches Chaos um die Grundsteuer derzeit herrscht!
Falls Sie, liebe Leserinnen und Leser, sich aktuell oder zukünftig mit dieser Thematik befasst sehen, kann ich Ihnen nur dringlich empfehlen, den Fachmann Ihres Vertrauens zu Rate zu ziehen. Gerne können Sie sich hierfür auch an unsere Kanzlei wenden. Zum Abschluss eines jeden Artikels sei auch hier ausdrücklich darauf hingewiesen, dass der Artikel nicht als Rechtsberatung verstanden werden kann. Es kommt stets auf die konkreten Umstände des jeweiligen Einzelfalls an. Sollten Sie Fragen haben, stehe ich Ihnen gerne mit Rat und Tat zur Seite.
Foto: Florian Steiner , Rechtsanwaltskanzlei Hampel
Ihr Rechtsanwalt Florian Steiner
Fachanwalt für Mietrecht und Wohnungseigentumsrecht
Rechtsanwaltskanzlei Hampel & Steiner
www.rechtsanwaltskanzlei-hampel.de