Der schweigsame Mieter

Wie geht die Erhöhung von Miete & Nebenkosten

Unser fiktiver Campingplatzbetreiber Günther Gründlich hat in den letzten Jahren viel in die Infrastruktur seines Campingplatzes investiert. Es wurden Ladesäulen für E-Autos gebaut, die Straßen und Wege wurden saniert und der gesamte Platz wurde mit einem WLAN-Netz ausgestattet. Die Stellplatzmieten hat Gründlich jedoch in den letzten Jahren nicht erhöht. Nach kurzer Recherche fällt ihm auf, dass gerade bei den Dauercampern in den letzten fünf Jahren keine Anpassung der Mieten erfolgt ist. Dies soll sich nun ändern. Nur wie macht er es richtig? Mit dieser Frage sucht er seinen Rechtsanwalt auf und schildert diesem, wie er es in der Vergangenheit umgesetzt hat.

Bisher hatte sich Gründlich zumeist etwa zur Mitte eines Jahres Gedanken zu einer neuen Preisliste gemacht. Schnell war die bestehende Liste aktualisiert und mit einem Hinweis auf die neue Gültigkeit ausgedruckt. Die neue Preisliste wurde dann im Schaukasten bzw. in der Rezeption ausgehängt, sodass sich jeder hierüber informieren konnte. Zum neuen Saisonbeginn verschickte Gründlich dann Rechnungen unter Zugrundelegung der neuen Preise. Gründlich war der Meinung, dass diejenigen Dauercamper, welche aufgrund der Mieterhöhung ihre Parzelle nicht weiter nutzen wollten, doch ihren Mietvertrag zum Saisonende hätten kündigen können. Erfolgte keine Kündigung seitens des Mieters, war er der Auffassung, dass dies zugleich als Zustimmung zur Mieterhöhung anzusehen war.

Gründlich berichtet dann, dass es in der Vergangenheit nie Probleme gab und alle nach Ankündigung auch die höhere Miete gezahlt haben. Ebenso sei er etwa bei Anpassungen von Strom- und Wasserkosten oder etwa Abfallkosten vorgegangen. Der Anwalt schlägt hiernach die Hände über seinem Kopf zusammen – aber „Wo kein Kläger, da kein Richter“, denkt sich der Anwalt noch.

Juristisch korrekt und belastbar im Falle einer streitigen Auseinandersetzung war die Vorgehensweise jedenfalls nicht, denn hier gilt der Grundsatz:

„Schweigen gilt als rechtliches Nullum.“ * **

Erst kürzlich hat der Bundesgerichtshof (BGH, Urteil v. 27.4.21 – XI ZR 26/20) in aller Klarheit bestätigt, dass Banken gerade nicht durch einseitige unwidersprochene Erklärung gegenüber Verbrauchern die Preise für ihre Kontoführung anheben können. Die bisherige Praxis ist klar rechtswidrig, wenn die maßgeblichen Klauseln zur Vertragsanpassung so offen formuliert sind, dass der gesamte Vertrag ohne ausdrückliche Zustimmung der Kunden geändert werden kann. Aufgrund solcher „Preisanpassungen“ etwa zu viel gezahlte Kontoführungsgebühren sind den Kunden zurückzuerstatten.

Aber was ist unter Berücksichtigung dieser ganz aktuellen Rechtsprechung nun auf dem Campingplatz zu beachten?

Ganz unzweifelhaft gilt, dass ein Aushang der neuen Preisliste ohne der ausdrücklich erteilten Zustimmung des Mieters nicht als zwischen den Vertragsparteien neuvereinbarter Vertragsbestandteil anzusehen ist.

Gründlichs Rechtsanwalt klärt ihn daher auf, wie er die Mieten der Dauercampingverträge korrekt und rechtssicher erhöht. Ihm ist dabei bekannt, dass Gründlichs Mietverträge so gestaltet sind, dass grundsätzlich eine Vertragslaufzeit von einem Jahr/einer Saison vereinbart ist und sich der Vertrag dann, wenn keine der Parteien den Vertrag zum Ende dieser Laufzeit kündigt, um jeweils ein weiteres Jahr/eine weitere Saison verlängert.

Vorangestellt sei an dieser Stelle zunächst, dass bei der Vermietung von Parzellen auf einem Campingplatz, also beim Grundstücksmietrecht, die strengen und recht ausführlichen gesetzlichen Regelungen zum Wohnraummietrecht (§§ 557 ff. BGB) keine Anwendungen finden. Hinsichtlich der Frage, wie hoch eine Mieterhöhung ausfallen kann, ist Gründlich damit in seiner Entscheidung frei. Der Mietpreis selbst ist aber ein wesentlicher Bestandteil des Vertrages. Dies bedeutet in Übertragung der Grundsätze der oben dargestellten Entscheidung des BGH, dass es bei einer Mieterhöhung immer einer aktiven, also ausdrücklichen Zustimmung des Mieters bedarf. Der Aushang von Gründlich, welcher ein Schweigen als Zustimmung statuiert, ist deshalb jedenfalls nicht wirksam. In seinem Fall würde sich der Vertrag zwar verlängern, jedoch ist Gründlich dann nicht berechtigt, die neue höhere Miete zu verlangen. Rechtssicher ist es daher, jeden Mieter einzeln anzuschreiben und über die Mieterhöhung zu informieren sowie zur Zustimmung etwa in Form eines Anhangs zum bestehenden Mietvertrag aufzufordern. Es empfiehlt sich folglich, der Mieterhöhung den Anhang zum Mietvertrag oder einen Rückbrief beizufügen, mit dem der Mieter der Erhöhung rechtswirksam zustimmen kann.

Alternativ hierzu wäre auch eine sogenannte Änderungskündigung im Grundstücksmietrecht möglich. Hierfür würde von Seiten des Herrn Gründlich der jeweilige Mietvertrag zum Ende der Laufzeit gekündigt und gleichfalls ein neuer Vertrag mit geänderten Konditionen zum Abschluss angeboten werden. Bei dieser Vorgehensweise ist jedoch besonders Wert auf den Zugang des Kündigungsschreibens bei dem Mieter zu legen. Der Erhalt der Kündigung muss beweissicher dokumentiert sein.

Zusammenfassend zeigt auch dieser fiktive Sachverhalt einmal mehr, dass trotz entgegenstehender Praxis in den vergangenen Jahren nicht alles immer auch korrekt gewesen sein muss. So soll der Artikel insbesondere auch zur Sensibilisierung beitragen und ein gewisses Problembewusstsein schaffen. Es zeigt sich gleichfalls, dass es stets ratsam ist, bereits im Vorfeld professionellen Rat einzuholen. Hierdurch können kleinere und größere Unstimmigkeiten von vornherein vermieden werden. Gleichfalls steigert dies Ihre Professionalität im Umgang mit Ihren Mietern. Sofern Sie jetzt also „auf den Geschmack“ gekommen sind und ähnlich wie Herr Gründlich eine moderate, der allgemeinen Preissteigerung entsprechende Anpassung Ihrer Mieten und Nebenkostenpositionen planen, scheuen Sie sich bitte nicht, den Fachmann Ihres Vertrauens zu Rate zu ziehen. Gerne können Sie sich hierfür auch an unsere Kanzlei wenden.

Zum Abschluss des Artikels sei erneut deutlich darauf hingewiesen, dass der Artikel nicht als Rechtsberatung verstanden werden kann. Es kommt – wie immer – auf die konkreten Umstände des jeweiligen Einzelfalls bzw. der Vertragsgestaltung an. Sollten Sie zu diesem Themenkomplex Fragen haben oder selbst in einer ähnlichen Situation sein, stehe ich Ihnen gerne mit Rat und Tat zur Verfügung.

Ihr Rechtsanwalt Florian Steiner

* Nichtig (Schweigen bedeutet weder Zustimmung noch Ablehnung), ** Nicht verschwiegen werden soll jedoch, dass es gewisse gesetzliche Ausnahmen von diesem Grundsatz gibt, welche jedoch in der vorliegenden Konstellation keine Anwendung finden.

Rechtsanwalt Florian Steiner

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