#Campingland Hessen

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Fakten
Einwohnerzahl (2023): 6,37 Millionen
Fläche: 21.115 Quadratkilometer
Sonnenstunden/Sommer 2022: 860 (*Statista)
Anzahl Campingplätze: 235 (*Pincamp)
Campingplätze Landesverbandsmitglieder: ?? (Bekomme keine Info, notfalls streichen)
Campingübernachtungszahlen 2022: 1.406.979 (camping.info)
Interessenvertretung/Campingwirtschaft: Landesverband der Campingwirtschaft in Hessen e. V. (VCH e. V.) 1. Vorsitzender: Ernst-Rudolf Müller

Ernst-Rudolf Müller, 1. Vorsitzender VCH e. V.

Foto: Ernst-Rudolf Müller VCH e. V.

Offener Blick nach vorn

Was passiert gerade in Hessen, Herr Müller?

Ein bombastisches Plus an Campingübernachtungen im Jahr 2022 lässt vermuten, dass das im Zentrum der Republik gelegene Bundesland weiß, wie Camping geht. Fragt man bei Ernst-Rudolf Müller, dem 1. Vorsitzenden vom Landesverband Hessen nach, erfährt man, dass von nichts eben nichts kommt – der Blick muss immer auf den Fokus dessen gerichtet werden, was die Branche in eine erfolgreiche, sichere Zukunft führt. Große Themen gibt es viele.

Raus aus der Schmuddelecke
„In Hessen gibt es – aus der Tradition heraus – viele kleine Campingplätze, der Großteil davon mit vielen Dauercampern. Stellen Sie sich vor, was dort in den letzten 30 oder 40 Jahren an Hüttchen etc. angebaut und somit die Plätze zugemüllt wurden. Das löst sich gerade langsam, aber sicher auf und ist ein großes Thema für mich, das ich im Auge habe. Wenn ich es von meiner Position als Vorsitzender der hessischen Campingwirtschaft aus betrachte, ist es unsere Aufgabe, diese Plätze aus der Schmuddelecke herauszuholen und sie umzustrukturieren. Damit haben wir auch schon begonnen, haben Qualifizierungsmaßnahmen zusammen mit Ecocamping durchgeführt. In der Regel waren das aber bisher die größeren Campingplätze mit einem eher jungen Management. Der Generationswechsel hat auf den Campingplätzen noch immer nicht komplett stattgefunden und viele ältere Platzbetreiber wollen diese nötige und große Modernisierungswelle nicht mitmachen.“

Dauercamping und Kontrollen
„Momentan werden unsere Plätze in Hessen auf Genehmigungen und auf Brandschutzmaßnahmen untersucht. Es stellt sich die Frage, wie Dauercampingplätze in der Zukunft aussehen sollen und können. Darüber gibt es rege Diskussionen. Was soll erlaubt werden und wo sind die Schnittstellen zu finden? Diese Bauten müssen klar ortsveränderlich sein, was in der Realität aber natürlich zum jetzigen Zeitpunkt Quatsch ist. Viele der alten Dauercampingbehausungen sind eben nicht ortsveränderlich und letztendlich genehmigungspflichtig. Auch stehen sie, was den Brandschutz angeht, viel zu eng beieinander. Ein sehr schwieriges Thema und ein echtes Politikum.“

Neue Zielgruppen
„Ein großes Thema hier in Hessen sind unsere neuen Zielgruppen. Die stark steigende Zahl der Wohnmobilisten, die durch Corona noch befeuert wurde, hat in den letzten Jahren immer mehr zugenommen. Hinzu kommen jene Gäste, die früher im Hotel oder in Ferienwohnungen Urlaub gemacht haben und nun den Campingplatz für sich entdeckt haben. Sie alle haben eine erhöhte Erwartungshaltung, speziell an Campingplätze mit vier oder fünf Sternen. Diesem Wandel müssen wir folgen. Deshalb unterstützen wir unsere Verbandsmitglieder mit Newslettern, organisieren Sitzungen und Versammlungen und versuchen alle daran zu erinnern, was zu tun ist, um unsere Plätze zukunftsfähig zu halten. Das geht ganz klar über die Qualifizierung, denn Erfolg kommt nur über Qualität. Diese Erfahrung habe ich auf unserem eigenen Platz machen dürfen, nachdem wir unseren Sanitärbereich zeitgemäß modernisiert und alle unsere anderen Räumlichkeiten so schön wie möglich gestaltet haben. Ich möchte fast behaupten, dass wir den schönsten Waschmaschinenraum überhaupt haben.“ (lacht)

Mit Investitionen in die Zukunft
„Selbst während Corona haben wir auf unserem eigenen Campingplatz (Camping- und Ferienpark Teichmann) Investitionen vorgenommen und tun es bis heute. Wir haben unsere großen Dächer saniert, haben Solarzellen und Solarthermie aufgebaut und wenn ich nicht diese ellenlangen Genehmigungsprozeduren durchlaufen müsste, könnten wir in zwei Jahren 80 Prozent unserer Energie selber produzieren. Wir haben Glasfaser verlegt, denn wir brauchen ein stabiles Kabelsystem, um unseren Gästen das WLAN zu sichern. Dafür haben wir sogar 26 zusätzliche Sendemasten auf dem Platz verteilt. Auch die E-Mobilität wird immer aktueller. In ein paar Jahren werden es viele E-Mobile sein, die auf einem Campingplatz geladen werden wollen. Da stellt sich die Frage, ob für ein solches Vorhaben überhaupt die richtigen Kabel in der Erde liegen und genügend Strom vorhanden ist. Auch bei der Digitalisierung haben wir radikal auf Automatismus gesetzt, um Freiraum für uns und unsere Gäste zu schaffen. Wer auf all diese Modernisierungen und Neuerungen nicht vorbereitet ist und nicht vorausgedacht hat, kommt nicht mehr hinterher. Das versuche ich auch unseren kleinen Campingplätzen klarzumachen. Denn gibt es dort einen Investitionsstau und es wurde nichts getan, ist der Campingplatz nur noch den Grund und Boden wert, auf dem er steht, hat nur noch ideellen Wert. Natürlich gehen dieses Modernisierungen nicht von heute auf morgen und natürlich ist das eine große Herausforderung. Glauben Sie mir, auch ich habe nächtelang nicht geschlafen, wusste aber: Ich muss es tun. Je mehr wir dann modernisiert haben und stark auf Qualifizierung und Service gesetzt haben, desto wirtschaftlich stärker sind wir auch geworden. Heute können wir entsprechend mehr Geld verlangen und somit mehr verdienen.“

Wie eine dicke Bohle
„Campingplatzverordnungen, die ja Ländersache sind, erinnern mich an Bohlen, an dicke, starre Bretter. Wir haben hier in Hessen keine separate Campingplatzverordnung, bei uns regelt das die hessische Bauordnung. Das ist auch nicht so wichtig, dennoch geht es mir darum, Begrifflichkeiten für die Bauordnung zu ändern, um den Problemen mit den Genehmigungspflichten aus dem Weg zu gehen. Das ist in manchen Bundesländern bereits passiert. Dort dürfen Mobilheime auf ganz normale Stellplätze gestellt werden. Hier in Hessen brauchen wir sogar ein Sonderbaugebiet, eine Sondergenehmigung, auch wenn es einen Bebauungsplan gibt. De facto können viele Plätze bei uns keine festen Unterkünfte aufstellen, obwohl gerade die Kombination aus Stellplätzen und festen Mietobjekten stark nachgefragt ist.“

Sichtbar machen
„Es gibt ja aber eben nicht nur die großen, sondern auch die kleinen, versteckten Campingplätze. Diese müssen gefunden werden – besser gesagt, sie müssen sichtbar gemacht werden. Denn: Nicht jeder Platz muss ein 5-Sterne-Platz sein. Ein kleiner Platz mit eigenen Besonderheiten wird ebenfalls seinen potenziellen Kundenkreis haben – vorausgesetzt, er wird gefunden. Leider gibt es noch einige Plätze, die das nicht so sehen, sich nicht einmal die Mühe machen, schöne Bilder ins Netz zu stellen, um mit Emotionalität die Gäste zu locken. Gerade die älteren Platzbetreiber haben oft nicht das digitale Know-how oder aber sind der Meinung, dass es diese emotionale Gästeansprache überhaupt nicht braucht.“