Zu viel Norm: sinnvoll oder zu eng gedacht?

Rund achtzig Prozent der Spielgeräte in Deutschland weisen Mängel auf, es kommt immer wieder zu schweren Unfällen auf Spielplätzen – so zu lesen im Jahr 2003. Gefordert wurde eine regelmäßige und fachgerechte Wartung sowie ein sachgerechter Umgang mit der Norm DIN EN 1176. Heute, knapp 21 Jahre später, werden nun Meinungen laut, die hinterfragen, ob wir aktuell vielleicht sogar übernormisiert sind, wenn es um den Spielplatz geht.

Ein Auszug aus der CAMPINGWIRTSCHAFT HEUTE von 2003 kommentiert, „dass eine vom Gesetzgeber vorgeschriebene regelmäßig und gründlich durchgeführte Kontrolle der Spielplatzgeräte auch im Interesse der Campingplatzbetreiber sein muss. Denn nur so könnten Spielgeräte sicher bleiben und Kinder vor Schäden weitgehend bewahrt werden. Es würde niemandem nützen, wenn die in der DIN EN 1176 festgeschriebene regelmäßige Wartung nicht gesetzlich bindend ist.“ Blickt man in die frühen Sechzigerjahre zurück, besagten grobe Schätzungen, dass auf Spielplätzen zehn bis 20 tödliche Unfälle jährlich zu verzeichnen waren. Ab den 1970er-Jahren begann ein Wandel. Im Dezember 1976 gab es die erste Veröffentlichung der DIN 7926 „Kinderspielgeräte“, die auf nur acht Seiten niedergeschrieben war und die wichtigsten Schutzziele beschrieben hat. 1981 und 1985 fand eine teilweise Überarbeitung der Norm statt, im Jahre 2003 brachten es die Reglementierungen bereits auf 71 Seiten, in der letzten Fassung von 2008 sogar auf stattliche 88 Seiten. Ist der Anspruch übertrieben, alles zu vermeiden, was an Gefahren und an Worst-Case-Szenarien drohen könnte und hat dieser das Sicherheitsdenken außer Kontrolle geraten lassen? Es bleibt zu hoffen, dass wir in Deutschland unseren Kindern doch bitteschön weiter ein paar kleine Risiken gönnen werden. Wir wissen doch, dass gerade der Spielplatz ein perfekter Ort ist, an dem Kinder Wagnisse erkennen können und sollen, um sie dadurch bewusst einzugehen lernen.

Bei Valentin Huck von HUCK Seiltechnik nachgefragt

CWH: Die aktuellen Normen machen die Umsetzung eines Spielplatzes für Hersteller, Planer und Platzbetreiber sicher auch viel komplizierter. Wie sehen Sie die Entwicklung?
VH: Die Anzahl von Spielplätzen hat sich im Vergleich zu früher mehr als verdoppelt, da braucht es sicherlich eine Norm, die ich auch nicht verteufeln will. Sie ist wichtig und richtig, macht aber eben auch manches kompliziert. Spielgeräte zu bauen ist nicht schwierig, die zunehmende Regulierung aber schon, wenn man ein Projekt mit einem Kunden umsetzen möchte. Viele trauen sich nicht mehr, aus Angst überreguliert zu werden und damit Gefahr zu laufen, gesperrt zu werden. Die USA waren lange Zeit noch viel überregulierter als wir hier in Deutschland, dort wurden Spielplätze zur Sicherheitszone erklärt, was bei uns natürlich noch nicht so ist. Folglich hat sich dort aber auch nichts mehr gedreht und bewegt. Aktuell werden die Normen dort aber gerade wieder aufgeweicht. Man hat erkannt, dass Bewegung und eben auch ein gewisses Risiko für die Entwicklung eines Kindes wichtig sind.

CWH: Ein sachgerechter Umgang mit dieser Norm bedingt natürlich auch eine gute Kenntnis und viel Wissen der Prüfer.
VH: Ja, das wäre zu wünschen! Seit einigen Jahren kann sich quasi jeder in wenigen Tagen zum Spielplatzprüfer ausbilden lassen. Das hat zur Folge, dass immer mehr Prüfer unterwegs sind, die aber alle einen anderen Wissensstand haben. Vielen Neuen fehlt es zudem noch an Erfahrung. Das macht es oft schwierig, zu vermitteln, um was es eigentlich geht. Oft spielt es dann gar keine Rolle, wer Recht hat – Hersteller, Platzbetreiber oder der Prüfer, der einen Spielplatz seines Ermessens nach sperren lassen kann. Das ist eine nicht so schöne Entwicklung.

Titelbild: AdobeStock 14826546

  1. Über HUCK
    1963 von Manfred Huck gegründet, ist das Familienunternehmen heute weltweit tätig und in den Händen der beiden Söhne Stefan und Valentin. Neben der Manfred Huck GmbH macht sich die HUCK-Seiltechnik GmbH nun auch bereits seit 30 Jahren einen Namen, wenn es um Seilspielgeräte unterschiedlichster Art geht. Seit vielen Jahren setzt man bei der Entwicklung auf die Psychomotorik und darauf, dass ein Großteil der Geräte auch Menschen mit verschiedenen Beeinträchtigungen für Spiel und Spaß zur Verfügung steht.
    Mehr Infos unter: huck-seiltechnik.de

Wussten Sie?

Spezifische sicherheitstechnische Anforderungen an aufgestellte Spielplatzgeräte bzw. andere Ausstattungselemente regelt also die Normenreihe DIN EN 1176 „Spielplatzgeräte und Spielplatzböden“. Die DIN 18034-1 „Spielplätze und Freiräume zum Spielen – Anforderungen für Planung, Bau und Betrieb“ wurde im Oktober 2020 neu veröffentlicht und bietet eine Hilfestellung für die Planung, den Bau und den Betrieb von Spielplätzen und Freiräumen zum Spielen. Sie berücksichtigt neueste planerische und spielpädagogische Erkenntnisse sowie Hinweise zum Flächenbedarf.