Dort wohnen, wo andere Urlaub machen?

Liebe Leserinnen und Leser,

das Jahr 2023 liegt hinter uns. Jedoch schlagen die zum Jahresanfang auflaufenden Kosten schnell ein Loch in die Haushaltskasse. Hinzu belastet die allgemeine Preissteigerung noch zusätzlich die finanziellen Spielräume.
Daneben führt akuter Wohnungsmangel in vielen Regionen Deutschlands – und damit einhergehende Mietsteigerungen – zu einer steigenden Nachfrage nach alternativen Wohnmöglichkeiten. Der weiter anhaltende Trend zum Wohnmobil- und Campingurlaub begründet dann ein wachsendes Interesse am Dauerwohnen auf dem Campingplatz. In der Ihnen vorliegenden Ausgabe wollen wir uns deshalb einmal intensiver mit der Frage des Wohnens auf dem Campingplatz widmen. Darf denn wirklich dort gewohnt werden, wo andere Urlaub machen oder bleibt dies ein „geduldeter“ rechtswidriger Zustand? Anlass zur Diskussion gibt eine aktuelle Entscheidung des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts in Lüneburg (im Folgenden OVG Lüneburg) aus dem Jahr 2022.

1. Die Rechtsprechung
Mit Beschluss vom 14.7.2022 entschied das OVG Lüneburg, dass der Campingplatz Drage/Stove, ein großes Campingplatzgelände an der Elbe, in einzelnen konkret ausgewiesenen Bereichen auch zum dauerhaften Wohnen genutzt werden darf. Der Bebauungsplan soll diese Nutzung legalisieren und ein Nebeneinander von erholungsbezogenem und dauerhaftem Wohnen ermöglichen.

Hintergrund des Verfahrens waren verärgerte Nachbarn, deren Miethäuser an das große Campingplatzgelände angrenzen. Sie befürchteten eine Lärmbelästigung infolge gesteigerten Zu- und Abfahrtsverkehrs vor ihrem an der Zufahrtsstraße gelegenen Wohnhaus und wollten deshalb die Änderung des Bebauungsplanes, der eine Dauerwohnnutzung auf dem Campingplatz legalisiert, außer Vollzug setzen.

Der Senat des OVG Lüneburg entschied hier nach sogenannter summarischer Prüfung im einstweiligen Rechtsschutz im Ergebnis, dass der Bebauungsplan nicht zu beanstanden ist. Zur Frage der Zulässigkeit des Dauerwohnens auf dem Campingplatz an der Elbe führten die Richter aus, dass sich die Verträglichkeit des Dauerwohnens in einem bisher als Erholungsgebiet festgesetzten Gebiet aus der Neuregelung des § 12 VII BauGB ergebe. So könne die Gemeinde einen vorhabenbezogenen Bebauungsplan aufstellen, der die Zulässigkeit baulicher Anlagen zu Wohnzwecken in diesem Gebiet regelt. Ein Paukenschlag!

2. Was folgt daraus nun für die Branche?
Zunächst ist festzuhalten, dass die Rechtsprechung zu diesem konkreten niedersächsischen Einzelfall keine Allgemeingültigkeit hat, da Grundlage der Entscheidung der konkrete vorhabenbezogene Bebauungsplan des Betreibers bzw. der hierzu ergangene Beschluss der zuständigen Gemeinde war. Das bedeutet, dass unsere Frage, ob ein Dauerwohnen auf einem Campingplatz in Deutschland zulässig ist, immer im Hinblick auf die Umstände im konkreten Einzelfall bewertet werden muss.

Der Beschluss des OVG Lüneburg kann aber für die Frage, welche grundsätzlichen Bedingungen gegeben sein müssen, damit auf einem Campingplatz auch dauerhaft gewohnt werden darf, als Orientierung dienen.

Dabei ist erste ganz grundsätzliche Voraussetzung, dass ein sogenannter vorhabenbezogener Bebauungsplan vorliegen muss. Nach dem Gesetz ist dies ein verbindlicher Bauleitplan, auch Bebauungsplan genannt, vgl. § 8 ff. BauGB . Ein Bebauungsplan ist ein Plan, der von der Gemeinde aufgestellt wird und die Art und Weise der baulichen Nutzung von bestimmten Flächen regelt. Nach dem niedersächsischen Vorbild muss der Bebauungsplan also hinreichend bestimmt regeln, wo und gegebenenfalls unter welchen weiteren Voraussetzungen ein Dauerwohnen auf einem Campingplatz ermöglicht werden kann. In dem genannten Beispiel von der Elbe gestaltete es sich so, dass die durch den Betreiber des Campingplatzes erschlossenen Flächen Dritten im Wege eines Mietverhältnisses überlassen wurden. Es wurden also Mietverträge geschlossen, die den Mietern erlaubten, auf diesen erschlossenen Flächen in eigener Verantwortung und auf eigene Kosten unter Einhaltung der gegebenen Nutzungsvorschriften zu bauen, um dort dauerhaft zu wohnen oder die Fläche lediglich als Wochenend- oder Ferienhaus zu nutzen.

Hieran schließen sich dann die nächsten relevanten Punkte an:

Der Betreiber des Campingplatzes muss Flächen für ein Dauerwohnen zur Verfügung stellen. Die Besonderheit hierbei ist, dass diese Flächen dabei nicht aus dem Verbund des Campingplatzes ausscheiden. In dem Beschluss führen die Richter dazu aus, dass die Fläche des jeweiligen Plangebiets ein zusammenhängendes Wohngebiet eigener Art sei, welches am ehesten als Wohnpark umschrieben werden könne.

Weiterhin ist das Dauerwohnen an die Vorgaben der Festsetzungen des Bebauungsplans gebunden. Das heißt, dass der Dauercamper als Dauerbewohner des Campingplatzes keine baulichen Anlagen errichten darf, die der Bebauungsplan selbst nicht vorsieht. Das betrifft sowohl etwa das Ausmaß in Grundfläche und Höhe der baulichen Anlage innerhalb der fest vorgeschriebenen Größe der Parzelle als auch die Abstände zu den Nachbarparzellen.

Zuletzt hängt die Umsetzung des Projekts „Dauerwohnen auf dem Campingplatz“ auch von der Lage des konkreten Campingplatzes ab. Erheblich ist, ob das Gebiet des Campingplatzes in einem Wohn-, Misch-, oder Sondergebiet liegt. In dem Beispiel von der Elbe sollte das streitgegenständliche Gebiet als Sondergebiet „integriertes Wohnen in der touristischen Gemeinschaft“ festgesetzt werden. Dies ist, wie im Folgenden noch näher zu beleuchten ist, nach dem Baugesetzbuch grundsätzlich möglich.

3. Und nun?
Sofern vom Betreiber überhaupt beabsichtigt, scheint die Rechtmäßigkeit des Dauerwohnens auf einem Campingplatz so nah wie noch nie. Gleichwohl muss die Frage gestellt werden, ob ein Dauerwohnen hiernach auf wirklich jedem Campingplatz in Deutschland grundsätzlich zulässig ist.

Hier hilft ein Blick in das Gesetz:
Das Baugesetzbuch bildet die gesetzliche Grundlage bezüglich der Legalität oder Illegalität für das (Dauer-)Wohnen auf einem Campingplatz in Deutschland. In § 12 VII BauGB heißt es:

„Soll in bisherigen Erholungssondergebieten nach § 10 der Baunutzungsverordnung auch Wohnnutzung zugelassen werden, kann die Gemeinde nach Maßgabe der Absätze 1 bis 6 einen vorhabenbezogenen Bebauungsplan aufstellen, der insbesondere die Zulässigkeit von baulichen Anlagen zu Wohnzwecken in diesen Gebieten regelt.“

Es ist grundsätzlich also festzuhalten, dass das erholungsbedingte Campen der Regelfall auf Campingplätzen ist. Das Dauerwohnen auf einem Campingplatz hingegen soll dem Gesetzeswortlaut folgend nicht den Regelfall, sondern die Ausnahme darstellen. Festzuhalten ist jedoch, dass das Dauerwohnen auf einem Campingplatz zwar ungewöhnlich sein dürfte, gesetzlich verboten ist es allerdings – unter Beachtung der gesetzlichen Voraussetzungen – ausdrücklich nicht.
Es obliegt vielmehr der Entscheidung des jeweiligen Campingplatzbetreibers, sowie in der Folge dann der jeweiligen Stadt oder Gemeinde, ob eine Wohnnutzung und damit ein Dauerwohnen in einem Sondergebiet Campingplatz zugelassen werden kann.

4. Eindeutig „jein“
Ob ein Dauerwohnen auf einem Campingplatz in Deutschland möglich ist, muss daher mit einem ganz klaren „Jein“ beantwortet werden.

Zusammenfassend ist die Gestattung für das Dauerwohnen auf einem Campingplatz in Deutschland damit abhängig von 1. der Absicht des jeweiligen Betreibers sowie 2. der Entscheidung der jeweiligen Gemeinde sowie 3. der Lage des Campingplatzes in Bezug auf die Gebietsfestsetzungen.

Falls Sie sich aktuell mit den in diesem Artikel aufgeworfenen Fragen beschäftigen (müssen) und hierbei rechtlichen Rat oder Unterstützung benötigen, stehe ich Ihnen gemeinsam mit unserem Kanzleiteam jederzeit gern zur Seite. Zum Abschluss eines jeden Artikels sei auch hier ausdrücklich nochmals darauf hingewiesen, dass dieser Artikel keine allgemeine oder einzelfallbezogene Rechtsberatung darstellt. Es kommt stets auf die konkreten Umstände des jeweiligen konkreten Sachverhalts an.

Ihr Rechtsanwalt Florian Steiner

Fachanwalt für Mietrecht und Wohnungseigentumsrecht, Rechtsanwaltskanzlei Hampel & Steiner

rechtsanwaltskanzlei-hampel.de

Titelbild: Florian Steiner/Rechtsanwaltskanzlei Hampel & Steiner