Digitale Infrastruktur – Die Vernetzung des Campingplatzes

Ein paar Quadratmeter Wiese samt Stellplatznummer – buchen, anreisen, genießen! Auf den ersten Blick locken Campingbetriebe ihre Gäste mit einem recht übersichtlichen Produkt: einer Aufstellfläche für die selbst mitgebrachte Unterkunft. Was erfolgreiche Betriebe tagtäglich zu managen haben, geht organisatorisch und infrastrukturell natürlich weit darüber hinaus. In diesem Interview befragen wir Benjamin Ebert und Thomas Stachelhaus von CampConcept, welche digitale Infrastruktur ein Campingplatz wirklich braucht und wie effizientes Management einer Campinganlage ermöglicht werden kann.

CWH: Die digitale Entwicklung schreitet rasant voran. Infrastrukturelle Herausforderung ist dabei oftmals der Transport von Daten. Welche technische Ausrüstung ist relevant und welche Daten müssen auf einem Campingplatz eigentlich von A nach B gelangen?

CC: Bei der Digitalisierung eines Campingplatzes geht es beispielsweise um die automatische Weitergabe von Zählerständen, optimale Verfügbarkeit von schnellem Internet, SAT-Empfang, die Steuerung der Einfahrtsschranke, die Abrechnung von Waschmaschinen, das Übermitteln von Kamerabildern oder die Heizungssteuerung in Gebäuden. An vielen Stellen werden Daten produziert. Der Rezeptions-PC stellt dabei meist die Schaltzentrale dar. Hier werden beispielsweise Steckdosen freigeschaltet, ausgelöste Sicherungen verortet und Zählerstände automatisch auf die Rechnung des Gastes gebucht. Gesteuert und geprüft werden können solche Vorgänge auch vom Smartphone des Betreibers aus.

CWH: Wie wird der Transport all dieser Daten auf Campingplätzen aktuell bewerkstelligt?

CC: Bei Neuplanung von Campingplätzen ist das Anbinden aller Gebäude und Stromverteiler mit Glasfaserkabeln inzwischen Standard. Glasfaser ist als Datenautobahn sehr robust und belastbar. Sie kann beinahe unendliche Datenmengen z. B. für Internet oder SAT-Signale transportieren. Zukünftige Geräte wie bargeldlose Verkaufsautomaten oder weitere Kameras können dann auch nachträglich problemlos und günstig ans Netz angeschlossen werden. Auf „gewachsenen“ Plätzen wird zur Weitergabe von Daten meist eine Kombination verschiedener Techniken verwendet. Bereits bestehende Breitbandkabel wie Telefon- oder Koaxialkabel oder auch WLAN-Richtfunkstrecken können natürlich beim Aufsetzen einer vernünftigen digitalen Infrastruktur genutzt werden. Allerdings geraten reine Richtfunklösungen bezüglich Verlässlichkeit und Datenmenge sehr schnell an ihre Grenzen.

CWH: Sollten Campingbetreiber nun bestehende Lösungen verwerfen und rein auf den Ausbau eines Glasfasernetzes setzen?

CC: Zum Erfolg führt das richtige Zusammenspiel aus Glasfaser und Bestandstechniken. WLAN hat eigentlich nur die Aufgabe, den letzten Teil des Weges zwischen Sender und Empfänger zu bewerkstelligen. Nutzer von Richtfunk versuchen dies zu umgehen, indem das Internetsignal drahtlos von Antenne zu Antenne weitergegeben wird. Dieser Technik kann man sich zwar in Sonderfällen bedienen, man wird aber kaum ein überlastungs- und störungsfreies WLAN hinbekommen. Wird jede Antenne mit störungsfreier Glasfaser versorgt, kann sie den umliegenden Campern natürlich einen viel besseren Empfang ermöglichen.

CWH: Macht der Ausbau von Glasfasernetzen auf Campingplätzen überhaupt Sinn, wenn die Betriebe gar nicht an ein öffentliches Glasfasernetz angebunden sind?

CC: Klares ja! Wie das Internet im Betrieb ankommt, ist meist gar nicht der limitierende Faktor. Natürlich gibt es Unterschiede bezüglich der Bandbreite, aber die eigentliche Herausforderung besteht darin, das im zentralen Gebäude eingehende Signal bestmöglich zu verteilen. Glasfaser eignet sich einerseits für die Weiterleitung des Signals bis in die Nebengebäude und Stromverteiler und darüber hinaus als interne Datenautobahn, auf der die eigentliche digitale Vernetzung der Campinganlage stattfindet.

CWH: Die digitale Infrastruktur eines Campingplatzes wird also bestenfalls mit einem Netz an Glasfaserkabeln bewerkstelligt, über das interne Daten von A nach B gelangen und an deren Endpunkten sich WLAN-Antennen befinden. Welchen tatsächlichen Nutzen aber hat diese Vernetzung für die Campingbetriebe?

CC: Neben einem bestmöglichen Internetempfang für Gäste entsteht der Nutzen einer durchdachten digitalen Infrastruktur hauptsächlich für Betreiber und das Management des Betriebs. Das Ziel einer digitalen Infrastruktur geht über das zur Verfügungstellen von Internet hinaus: Verschiedene Geräte werden sinnvoll miteinander vernetzt: Datenweitergabe, Fernsteuerungen und das Abrufen von Statusmeldungen werden ermöglicht. Dadurch kann dann beispielsweise die Verwaltungssoftware anhand der empfangenen Zählerstände die Kosten berechnen und diese auf die Rechnung buchen. Das spart jede Menge Laufarbeit.

CWH: In welchen weiteren Betriebsbereichen kann eine solche Vernetzung die alltäglichen Vorgänge erleichtern und muss man Computerspezialist sein, um diese Erleichterung überhaupt erfahren zu können?

CC: Absolut nicht. Einmal konfiguriert und an die Verwaltungssoftware angeschlossen, läuft vieles dann tatsächlich vollautomatisch ab: die Steuerung der Einfahrtsschranke mit Kennzeichenerkennung, die Abrechnung von Verbrauchszahlen wie Strom oder Waschmaschinennutzung oder die belegungsabhängige Heizungssteuerung in Mietunterkünften. Für Lösungen, die nicht mit den Gästedaten der Verwaltungssoftware zusammenhängen, gibt es kleine, nutzerfreundliche Programme. Vieles ist umsetzbar, wenn die einzelnen Geräte am Netz angeschlossen sind. Mittels ferngesteuerter Wasserhähne gelingt es beispielsweise, Stagnationsprobleme (Stichpunkt Legionellen) in Sanitäranlagen zu lösen oder die Wassertemperaturen automatisch zu justieren.

CWH: Eine gut durchdachte digitale Infrastruktur kann viel mehr leisten, als lediglich Gäste mit funktionierendem WLAN zu versorgen. Im Vordergrund geht es dabei nicht direkt darum, den Komfort für die Gäste zu erhöhen. Mit dem Blick fürs große und ganze soll eine digitale Infrastruktur geschaffen werden, die Betriebsabläufe optimieren und automatisierten kann. Wenn einiges im Arbeitsalltag “wie von selbst” läuft haben Campingbetreiber zukünftig vielleicht mehr Spielraum sich um all das zu kümmern, was Digitalisierung per se nicht leisten kann: Qualitätsoffensiven, herzlichen Service, und ein nettes Gespräch mit Gästen.

CWH: Welche aktuellen Projekte haben Sie gerade?

CC: Ein Projekt, das wir gerade umsetzen, liegt im Bayerischen Wald, hat 240 Stellplätze. Auf dem gesamten Areal verlegen wir gerade ein neues Stromnetz. Künftig kann der Zählerstand dann direkt in die Rezeption übermittelt werden, für das Ein- und Ausschalten der Steckdosen sind Schaltbefehle aktiv. Wir verlegen auch Glasfaserkabel, die WLAN- und SAT-Antennen speisen. Dies alles kombinieren wir mit einer Onlinebuchung. Wenn Urlauber anreisen, liegen dem Betreiber bereits alle Informationen über die Gäste vor, die bei Ankunft nur noch „Hallo, wir sind da“ sagen müssen.

CWH: Wir sagen herzlichen Dank für Ihre Zeit und das schöne und spannend-informative Gespräch.

CC: Vielen Dank für die Einladung!

Übrigens: Wer einen Stromausleser bestellt, kann seinen Gästen einen QR-Code überreichen, mit dem der Stromverbrauch auf dem Platz navigiert werden kann – ohne die Gefahr, dass der Strom aus der falschen Steckdose gezogen wird. Der Urlauber hat, egal wo er sich gerade befindet – live und in Echtzeit – jederzeit Zugriff auf seinen Stromverbrauch. Voraussetzung sind natürlich Internet sowie ein Smartphone oder ein Tablet.

Mehr Infos unter: campconcept.eu
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